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Talpost Lambrecht
Ausgabe 24/2023
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125 Jahre Glockenverein Appenthal

Der Appenthaler Glockenturm ist als Kulturdenkmal beschrieben: Kleiner, erhöht über der Straße angeordneter Bau aus bossierten Sandsteinquadern in gotisierenden Formen, das von einem Zeltdach bekrönte Obergeschoss mit der Glockenstube aus Backstein.

Eine größere Reparatur des Glockenturmes samt Erneuerung des Daches erfolgte 1983. Damals wurde der neu vergoldete Wetterhahn auf der Spitze des Daches aufgesetzt.

Seit 1898 behütet der Verein den Glockenturm und kümmert sich um das Glockengeläut – Jubiläum wird zusammen mit der Appenthaler Kerwe gefeiert

(ve) Von einer Anhöhe bei dem Elmsteiner Ortsteil Appenthal, dem Hübel, (pfälzisch Hewwel) herunter grüßt ein Türmchen mit Turmuhr und zwei Glocken die Vorbeifahrenden. Begründet wurde der Turmbau durch die Glocken-Spende von Konrad Haag, dem Besitzer der Appenthaler Mahl- und Schneidemühle. Er hatte in Amerika sein Glück gemacht, war aber immer seiner Heimat verbunden und legte notariell fest, dass aus seinem Vermögen die Gemeinde Elmstein 1400 Mark erhält und mit dem Erlös sollten zwei Glocken im Gewicht von sieben und vier Zentnern angeschafft werden, die künftig in Appenthal läuten sollen. Die Glocken waren innerhalb von zwei Jahren seit seinem Todesdatum 14. August 1888 anzuschaffen. Die Gemeinde gab den Glockenguss bei der Gießerei Johann Georg Pfeifer in Kaiserslautern in Auftrag, am 11. Oktober des Jahres 1889 standen die Glocken zur Abholung bereit, doch wo sollten sie eigentlich erklingen? Das Bezirksamt Neustadt empfahl dem Gemeinderat den „Alten Turm“ in Appenthal zum Aufhängen der Glocken zu erwerben, doch der Gemeinderat scheute eventuelle größere Instandsetzungskosten und favorisierte einen offenen hölzernen Glockenstuhl, der auf dem „Hübel“ in Appenthal errichtet wurde. So erklangen die Glocken erstmals zum Weihnachtsfest 1889.

Massiver Turm ersetzt offenen Glockenstuhl

Der offene hölzerne Glockenstuhl, die Glocken bei Wind und Wetter im Freien hängend, sollte nach dem Wunsch der Bürger kein Dauerzustand bleiben. So gründeten die Appenthaler Bürger am 31. Juli 1898 den Glockenverein, der in diesem Jahr sein 125jähriges Bestehen feiern kann. Spontan erklärten bei einem Jahresbeitrag von 50 Pfennig 59 Bürger ihre Mitgliedschaft. Die damaligen Vorstandsmitglieder waren Jakob Zimmermann, Daniel Laubscher, Matthäus Münch, Friedrich Herter, Theobald Haag, Johannes Münch. Erster Vereinsdiener und Glöckner war Joseph Kropp, der eine Entschädigung von 40 Mark im Jahr erhielt. Zweck des Vereins sollte die Erbauung des Turmes und seine Unterhaltung sein sowie die Bestreitung der Kosten des ortsüblichen Geläutes mit Ausschluss des Begräbnisgeläutes für Nichtmitglieder und deren Angehörigen. Am 13. Juni 1909 wurde der Beschluss in der Generalversammlung gefasst, den Glockenturm auf dem „Hübel“ aus Sandstein zu errichten, gleichzeitig wurde der Verein in das Vereinsregister eingetragen. Zuvor war das Grundstück erworben worden. Den Auftrag erhielt Zimmermeister Ludwig Kuhn aus Esthal zum Preis von 700 Mark, die Zimmerarbeit des Daches kostete 148,62 Mark. 1912 wurde eine Turmuhr angeschafft zum Preis von 670 Mark.

Neue Glocke anstelle der für Kriegszwecke abgelieferten Glocke

Die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges führten dazu, dass im August 1917 die große Glocke als Kriegsmaterial abgeliefert werden musste. Auch die Inflation nach dem Krieg war beim Glockenverein zu spüren. Der Glöcknerlohn wurde 1923 auf 15.000 Mark festgesetzt, im September des gleichen Jahres betrug er schon 7 Millionen Mark, der Beitrag stieg auf eine Million Mark. Nach Einführung der Reichsmark wurde 1925 eine zweite Glocke wieder in der Glockengießerei Pfeifer in Kaiserslautern zum Preis von 3,70 Mark pro Kilogramm bestellt. Die 380 kg wiegende neue Glocke kostete 1406 Mark. Die Glocke erhielt den Namen „Concordia“ (Einigkeit) und der sie segnende Pfarrer Becker sprach den Wunsch aus, dass sie nur dem Frieden dienen möge und nicht wie ihre Vorgängerin für Kriegszwecke Verwendung findet. Die Glocke trägt die Inschrift „Eigentum des Glockenvereins Appenthal. Ersatz für die während des Weltkrieges 1914-1918 abgelieferte Stiftungsglocke von Konrad Haag. Neu angeschafft durch eine Haussammlung von Appenthal, Elmstein und Umgebung im Jahre 1925, Pfeiffer goss mich“.

Ein Festzug formierte sich vor der Wirtschaft Theobald Haag, begleitet von Radfahrern, dem Polizeidiener, den Schulkindern mit Fähnchen und schließlich kam der geschmückte Wagen mit der Glocke, umgeben von weißgekleideten Mädchen, Turnern und Turnerinnen, Musik, dem Ausschuss des Glockenvereins, Gesangverein, Vertreter der Kirchengemeinden und Behörden mit Fahnen. Der Marsch führte durch Elmstein, die Glocken beider Kirchen läuteten. Am Turm in Appenthal angekommen, erfolgten Gesänge, Vorträge und Reden samt der Weihe der Glocke. Zum Abschluss gab es Brezeln bei einem gemütlichen Beisammensein, im Saal von Theobald Haag gab es einen Lichtbildervortrag über „Das Lied von der Glocke“.

Meldung der beiden Glocken „vergessen“

In den nächsten 40 Jahren im Vereinsgeschehen gab es keine Besonderheiten mehr, der Zweite Weltkrieg lähmte das örtliche Leben, der prot. Pfarrer Ludwig Leonhardt „vergaß“ die beiden Appenthaler Glocken zu melden, wodurch sie der Gemeinde erhalten blieben. 1965 wurde das Geläute auf elektrischen Betrieb umgestellt, wozu wieder eine Haussammlung notwendig wurde, der Vereinsbeitrag wurde gleichzeitig auf drei Mark im Jahr angehoben, die Gemeinde leistete einen Zuschuss. Mitglieder des Glockenvereins erklärten sich bereit, Reparaturen am Turm in Eigenleistung auszuführen.

Im Jahr 1983 – 95 Jahre nach der großherzigen Stiftung der Glocken durch Konrad Haag - stand eine größere Renovierung des Turmes an, außerdem wurde der Schaltkasten für das Geläute in das Haus des Glöckners verlegt. Der Turm musste eingerüstet werden, das Dach war zu reparieren. Neue Kandel wurden angebracht, Holzbalken mussten ausgetauscht werden, der vergoldete Wetterhahn wurde wieder aufgesetzt, die Kosten trug der Glockenverein. 1989 feierte man „100 Jahre Glocken in Appenthal“ und 1998 wurde das hundertjährige Jubiläum des Glockenvereins begangen.

Im 125. Jahr seines Bestehens nun zählt der Glockenverein Appenthal über 200 Mitglieder, nachdem in den letzten Jahren viele junge Familien ihre Mitgliedschaft bekundeten. Aus diesem Grund werden neben dem sonntäglichen Glockengeläute nicht nur Sterbefälle angezeigt, sondern auch neue Erdenbürger sollen mit Glockenklang begrüßt werden. Glöcknerin Hanni Müller lässt die Glocken bei Geburten morgens um 10 Uhr und bei Sterbefällen nachmittags um 14 Uhr läuten. Im Jubiläumsjahr führt Dieter Schenck den Glockenverein, eine Familienmitgliedschaft ist für fünf Euro im Jahre möglich.

Kerweumzug dem Jubiläum des Glockenvereins gewidmet

Der Elmsteiner Ortsteil Appenthal hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle fünf Jahre einen größeren Umzug „auf die Beine zu stellen“ und in diesem Jahr 2023 steht der große Umzug unter dem Motto „125 Jahre Glockenverein Appenthal“ an. Die Appenthaler Kerwe selbst feiert ihr 70jähriges Jubiläum, denn sie wurde 1953 „aus der Taufe“ gehoben. Der Umzug startet mit mehr als 20 Gruppen am Sonntag, 18. Juni um 14 Uhr von der Mühlstraße und dem Hof des Sägewerkes aus und zieht über die Talstraße, Harzofenstraße, Weihersbergstraße zum Kerweplatz.