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Talpost Lambrecht
Ausgabe 29/2022
Verbandsgemeinde Lambrecht (Pfalz)
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Mittelalterliche Klänge vor der Quirinuswand

Die Troubadoure Ernst Kaeshammer (links) und Paul Reinig (rechts) boten bei der sommerlichen Abendmusik Lieder des Mittelalters vor der passenden mittelalterlichen Kulisse der Quirinuswand in der ehem. Klosterkirche in Lambrecht.

Troubadoure spielten mit der Drehleier in der ehem. Klosterkirche auf

Für nicht alltägliche Klänge in einer Kirche sorgten die Troubadoure Ernst Kaeshammer (Instrumentenbauer aus Fußgönheim) und Paul Reinig (Liedermacher und Komponist aus Landau) mit ihrem mittelalterlichen Konzert „Von Spielleuten, Minnesängern und Troubadouren“ in der ehem. Klosterkirche, der prot. Kirche in Lambrecht im Rahmen der „Sommerlichen Abendmusik“. Bei dem abwechslungsreichen Konzert - zahlreiche Jahrhunderte umfassend - standen neben dem Gesang die mittelalterliche Drehleier, das Hackbrett sowie Trommel und Gitarre im Mittelpunkt, neben Laute und dem Akkordeon des zeitweise dritten Musikers Nicola Polizzano. Die Drehleier ist das seit über tausend Jahre bekannte mechanisierte Streichinstrument, bei dem die Saiten von einem eingebauten Rad angestrichen werden, das mit einer Kurbel gedreht wird. Dabei wird die schwingende Länge der Melodiesaiten mechanisch über Tasten verkürzt, um die Tonhöhe zu verändern.

Mit Beiträgen zur Geschichte der alten Lieder des Minnegesangs und den Weg der Überlieferung samt Anpassung der Noten und des Textes an die heutige Zeit erleichterten die Musiker das Zuhören und ermöglichten es, das Gehörte in einen geschichtlichen Rahmen einzuordnen. Auch Lokalcholorit gehörte zu dem fast zweieinhalbstündigen Konzert, wie der Gesang aus der Zeit von Richard Löwenherz, der versuchte, 1192 mühsam von einem Kreuzug aus dem Heiligen Land sich in sein Königreich durchzuschlagen. Er wurde erkannt und Heinrich VI. ließ ihn auf der Burg Trifels festsetzen um ein hohes Lösegeld auszuhandeln. Die musikalische Legende dazu hörten die zahlreichen Zuhörer in der Kirche in „Altfranzösisch“. Die musikalische Reise führte auch in arabische Länder, der eingedeutschte Text lautete „Morgens wenn die Vögel singen“. Interessant zu hören war das Pilgerlied zum Apostelgrab in Santiago de Compostela, dessen Nordroute von Speyer über Neustadt, Lambrecht und Elmstein zum Kloster Hornbach führt. Dazu passte das mittelhochdeutsche Lied „Komm mit auf die Reise“.

Die Troubadoure warfen auch einen musikalischen Blick in die manessische Liederhandschrift der dichterischen Werke in mittelhochdeutscher Sprache. Die Texte wurden um 1300 in Zürich hergestellt, zehn bis zwölf verschiedene Schreiber waren tätig. Heute gilt diese Liederhandschrift als die repräsentative Summe des mittelalterlichen Laienliedes und bildet für den Minnegesang die einzige Quelle. Aus dieser Handschrift hörte man Lieder aus dem Leben der Mönche, aber auch aus dem satten, prallen Leben „wenn wir in der Schänke sitzen“. Die Reise der Troubadoure führte auch nach Schweden mit „Das Waldhorn soll schmettern“, der musikalische Weg führte weiter nach Afrika, bevor das kunterbunte Leben der Troubadoure als „König der Straße“, Einblick in das Leben als Spielmann gab. Nach dem brausenden Schlussbeifall verabschiedeten sich die Troubadoure mit der deftigen Zugabe des mittelalterlichen Scherenschleifers.

Die Musiker boten in der Pause und am Ende des Konzertes ihre brandneue CD „Der Ruf nach der Straße“ an, die bei „Pfalzrecords“ erschienen ist (17 Euro), erhältlich unter www.pfalzrecords.de