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Talpost Lambrecht
Ausgabe 30/2025
Stadt Lambrecht (Pfalz)
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Ein Heiliger mit Hundekopf?

Ausschnitt einer Christophorus-Ikone aus Griechenland oder Rumänien, Mitte 18. Jht., Ikonen-Museum Recklinghausen (Inv.-Nr. 373). Nutzung mit freundlicher Genehmigung des Museums.

(ch) Ein Monster? Eine Riese mit einem deformierten Kopf? Der altägyptische Gott Anubis? Wem mag dieses hässliche Gesicht gehören? Das Kind auf der Schulter entschlüsselt die Szenerie. Es ist ein vertrautes Bild: der Hl. Christophorus! Der ursprüngliche katholische Gedenktag des Christophorus war der 25. Juli. Wegen mangelnder Historizität wurde er zwar unter Papst Paul VI. 1970 aus dem allgemeinen Kirchenkalender gestrichen, aber im deutschen Sprachgebiet ist seine Verehrung ungebrochen. Sein Gedenktag im regionalen Kalender des deutschsprachigen Raums ist heute der 24. Juli. Christophorus wird in der Kirche als Märtyrer und als Schutzpatron der Reisenden verehrt. Bis heute ist er aber auch in profanen Lebensbereichen präsent: Die gelben Hubschrauber des ADACs tragen genauso seinen Namen wie das Hausmagazin des Autoherstellers Porsche.

Man kann zwei große Legendenstränge benennen, die sich in den verschiedenen Darstellungen dieses als Heiligen verehrten Menschen in Ost und West ausdrücken. In der östlichen, meist orthodoxen Bildersprache wird Christophorus als der "Hundsköpfige" dargestellt. Die beistehende Ikone ist ein Beispiel hierfür. Eine Ikone ist das Andachtsbild in den Kirchen des christlichen Ostens, z.B. in Griechenland oder Russland. Ikonen haben, wie die Heiligendarstellungen bei uns im christlichen Westen, eine eigene, aber verbindliche Bildsprache. Der Tradition nach wurde den beiden Aposteln Andreas und Bartholomäus für ihre Pather-Missionierung – das Patherreich erstreckte sich über den heutigen Iran und Irak – von Gott ein Riese namens Reprobos als Schutz zur Seite gestellt. Dieser Riese war hässlich und unmenschlich, konnte weder sprechen noch war er vernunftbegabt. Er glich damit eher einem Tier. Durch seinen Dienst an der Seite der Apostel wurde er mit dem Evangelium vertraut, lies sich taufen und wurde so zu einem menschlichen Wesen. Sein Taufname soll Christianus gewesen sein; er starb später den Märtyrertod. Die Botschaft dieser Tradition lautet: Zum wahren Menschen wird man erst als Christ! Möglicherweise ist der Hundekopf eine Anspielung auf die Mongolen, die für die damaligen Menschen im östlichen Mittelmeerraum fremd und schauderhaft aussahen. Eine andere Ursache des Hundekopfes könnte auch ein Übersetzungsfehler gewesen sein: Aus einem Bewohner Kanaans (canaaneo = aus Kanaan) wurde irrtümlich eine markante Kopfform (canineo = hundsartig).

In der westlichen, d.h. lateinisch-römischen Christenheit ist dagegen eine andere Darstellung vorrangig: Christophorus als der Christusträger. Der Legende nach wollte der starke, hünenhafte Krieger (Ritter?) Reprobus (auch Offerus genannt) sich in den Dienst des mächtigsten Herrschers der Welt stellen. Nach vergeblicher Suche empfahl ihm ein Einsiedler, sich zu einem reißenden Fluss zu begeben und den Menschen zu helfen, über diesen Fluss zu gelangen. Während einer stürmischen Nacht hörte er eine zarte Stimme seinen Namen rufen. Er sah ein Kind, setzte es auf seine Schultern und trug es durch den reißenden Fluss. Am anderen Ufer angekommen bekannte der Riese, fast unter der Last des Knaben untergegangen zu sein. Auf diese Aussage hin offenbarte sich der Junge: „Du hast nicht nur die Last der Welt getragen, sondern auch deren Erlöser!“ Das Kind gab sich als Jesus Christus zu erkennen, taufte den Krieger sogleich und verlieh ihm den neuen Namen Christophorus, d.h. Christusträger. Auch in dieser Tradition starb er den Märtyrertod. Christusträger ist aber nicht nur ein Krieger vergangener Jahrhunderte, sondern sind alle jene, die das Evangelium leben und damit im Herzen Christus tragen.