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Talpost Lambrecht
Ausgabe 35/2022
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Weidenthal schon in der Salierzeit gegründet?

Der Chor CHORlorado des Gesangvereins Weidenthal unter Leitung von Peter Clemens bei der Jubiläumsfeier „775 Jahre Weidenthal“.

Der Männerchor des Cäcilienvereins Weidenthal unter Leitung von Lothar Bendel begleitete musikalisch die Jubiläumsfeier.

Festredner Dr. Thomas Kreckel

Mit einer Feierstunde gedachte Weidenthal seiner 775jährigen urkundlichen Ersterwähnung – Weidenthal ist vermutlich noch älter – Denkbar wäre ein zeitlicher Zusammenhang mit der Klostergründung von St. Lambrecht

(ve) Die urkundliche Ersterwähnung von Weidenthal ging bisher auf das Jahr 1251 zurück, doch nach der 750-Jahr-Feier im Jahre 2001 tauchte eine Urkunde aus dem Jahr 1247 auf mit Hinweisen auf Weidenthal und somit konnte jetzt Weidenthal 2022 mit einer Feierstunde in der prot. Kirche sein 775jähriges Jubiläum feiern. In seiner Festrede beleuchtete der Weidenthaler promovierte Archäologe Thomas Kreckel die Entwicklungsgeschichte der Gemeinde. Menschen hätten schon seit mehreren tausend Jahren in der Region ihre Spuren hinterlassen, was gefundene Steinbeile beweisen würden. Unbestimmt sei jedoch, ob die damaligen Menschen hier nur durchzogen oder sich niedergelassen hatten. Frühe Funde beweisen, dass über die Anhöhen Verkehrswege führten, denn die Täler waren versumpft. Die Gemarkung um Weidenthal habe in der Römerzeit Anschluss an das römische Verkehrssystem gehabt. Eine Römerstraße verlief von Bad Dürkheim in Richtung Westen am Drachenfels und Schafunter vorbei und erreichte über die Weidenthaler Hohl das Neustadter Tal. Im Bereich der heutigen Hindenburgstraße habe die Römerstraße über eine breite Furt den Hochspeyerbachs überquert. Diese Straße zog dann über Schwarzsohl weiter bis ins Bliestal. Die Römerstraßen dienten auch der Erschließung des damals undurchdringlichen Urwaldes, dem heutigen Pfälzerwald. Über eine frühe Ansiedlung in Weidenthal könne nur spekuliert werden, doch angesichts der Weite des Tales könnte hier auch eine Rast- und Pferdewechselstation bestanden haben.

Als der salische Herzog Otto von Worms gegen Ende des 10. Jahrhunderts den Königshof Lautern samt dem Wasgauforst mit dem unerschlossenen Waldgebiet zwischen Haardt und Kaiserslautern erhielt und zur Kolonisierung das Kloster St. Lambrecht 977 nahe dem gräflichen Jagdhaus Grevenhausen gründete, liege es eigentlich nahe, an der bestehenden Römerstraße eine weitere Siedlung im Bereich des heutigen Weidenthal zu gründen. Siedlungspunkte könnten nach Dr. Kreckel die Bereiche um die heutigen beiden Kirchen gewesen sein. Auch die Beziehung des Dorfes zum Kloster Limburg bei Bad Dürkheim könnte auf eine Entstehung von Weidenthal in der Salierzeit schließen lassen.

Die bekannten ältesten Urkunden von 1247 und 1251 belegen den Status von Weidenthal als direktem Besitz des Klosters Limburg und damit war der Abt der oberste Lehensherr von Weidenthal. Der Krummstab ziert das Weidenthaler Wappen und erinnert an dieses Besitzverhältnis, das „mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erst seit dem 13. Jahrhundert existierte“ führte Dr. Kreckel aus.

Im Lauf der weiteren Geschichte mussten die Einwohner von Weidenthal Kriege und Notzeiten erleben, vor allem im Dreißigjährigen Krieg und im Pfälzischen Erbfolgekrieg war der Ort zerstört und die Einwohner wurden vertrieben, Zuzug erfolgte durch Neusiedler aus der Schweiz und Tirol. Zu jedermanns Ansicht hatten die Mitarbeiter des Gemeindearchivs eine kleine Ausstellung mit Kopien der historischen Dokumente zur Weidenthaler Geschichte präsentiert.

Grußworte, Begleitung und Ausklang

Mit einem Spruch von Vincent van Gogh „Wandlung ist notwendig, wie die Erneuerung der Blätter im Frühling“ hatte Ortsbürgermeister Ralf Kretner die Teilnehmer der Feierstunde begrüßt. Ähnlich sprach auch Pfarrer Frank Wiehler von einer Wandlung in der Gemeinschaft, um Weidenthal lebendig zu erhalten in den nächsten 775 Jahren. Die Kirchengemeinde habe ihre Kirche als würdigen Ort gerne für das Dorfjubiläum zur Verfügung gestellt. Die prot. Kirchengemeinde bringe sich ohnehin gerne in die Gemeinschaft ein, zum Beispiel mit dem Bürgercafé.

Der Erste Kreisbeigeordnete Timo Jordan würdigte in seinem Grußwort den Waldreichtum der Gemeinde und den Bekanntheitsgrad seiner großen Veranstaltungen wie Weihnachtsbaum-Werfen oder die Mountainbike-Veranstaltung „Schlaflos im Sattel“. Verbandsbürgermeister Gernot Kuhn stellte heraus, dass von den 775 Jahren die Gemeinde 50 Jahre Teil der Verbandsgemeinde Lambrecht ist, was der „goldenen Hochzeit“ gleich käme. Die Großprojekte Brückenbauwerk Weißenbach und Aufnahme des Weidenthaler Wasserwerks in die Verbandsgemeindewerke seien gemeinsame aktuelle Vorhaben. Zu den Besonderheiten zähle auch der Naturbadeweiher und eine gesunde Einwohnerstruktur angesichts zahlreicher Vereine.

Die kleine Jubiläumsfeier fand durch Weidenthaler Vereine große Unterstützung. Mit jeweils drei Liedern gestalteten der Männerchor des Cäcilienvereins Weidenthal unter Leitung von Lothar Bendel und der Chor CHORlorado des Gesangvereins Weidenthal unter Leitung von Peter Clemens den musikalischen Rahmen der Feierstunde. Vor der Kirche sorgten Mitglieder des Turnvereins Weidenthal mit Sekt und belegten Brötchen für einen schönen Ausklang der Feierstunde bei vielfältigen Gesprächen.