Sie repräsentieren „Die Kinder von Fukushima“: Wolfram Blank (Rezitation), Fumiko Nishino-Friedewald (Rezitation), Genya Kai (Klavier), Kei Suzukí (Sopran), Rie Mattil (Sopran).
Rie Mattil, eine der Gesangssolistinnen
Als einer der Höhepunkte im Jahr des 70. Firmenjubiläums lädt Jola Spezialschalter im Nordbau der ehemaligen Tuchfabrik Gebrüder Haas in Lambrecht zu einer ganz besonderen Veranstaltung zugunsten einer lokalen Ukraine-Hilfsorganisation ein. (Samstag, 17. September 2022, 19 Uhr, Alte Tuchfabrik Gebrüder Haas).
Nachdem es bei der Jubiläumsfeier am 16. Juli um die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des am 3. Dezember 1952 gegründeten elektrotechnischen Unternehmens ging, wird am 17. September um 19 Uhr eine ganz andersartige Veranstaltung im sogenannten „Nordbau“ in der Lambrechter Klostergartenstraße stattfinden. Im Jahr 1907 im Jugendstil erbaut, war das mehrgeschossige Gebäude Teil des Betriebskomplexes der Tuchfabrik Gebrüder Haas, die von 1868 bis 1961 als sogenannte Volltuchfabrik alle Fabrikationsstufen von der Bearbeitung der Rohwolle über den Spinnprozess bis hin zum Fertigtuch vereinigte. Es ist Jolas Anliegen, künftig neues Leben in die alten Mauern einziehen zu lassen.
Berührungspunkte zwischen Wirtschaft und Kultur
Geschäftsleiter Lars Mattil, der vor seiner Tätigkeit bei Jola auch stark musikalisch unterwegs war, wünscht sich für die Zukunft weitere Projekte dieser Art: „Immer wieder gibt es Berührungspunkte zwischen Wirtschaft und Kultur. Unternehmen wie wir können Kulturschaffende unterstützen, aber möglicherweise auch selbst die eine oder andere Veranstaltung präsentieren. Wir haben in den weitläufigen Räumlichkeiten der ehemaligen Tuchfabrik die Möglichkeit, für begrenzte Personenzahlen Konzerte, Ausstellungen und dergleichen auszurichten. Wenn wir es neben dem Tagesgeschäft von Jola hinbekommen, möchten wir da in den kommenden Jahren gerne wieder etwas aktiver werden.“
In diesem Anliegen kooperiert er seit Neuestem mit Pfarrer Martin Groß von der Protestantischen Kirchengemeinde Lambrecht-Lindenberg. Dessen bzw. deren Anliegen ist es nämlich, eine offene und einladende Kirchengemeinde zu sein, in der viele Menschen eine Glaubensheimat haben können und in der die frohe Glaubensbotschaft auf unterschiedlichste Art und Weise Ausdruck findet.
Nun also - in der neuen Kooperation - der Versuch, gemeinsam etwas Neues zu schaffen und lokale Aktivitäten auf die Beine zu stellen.
Anknüpfen und Auftakt
Die Veranstaltung am 17. September ist also in mehrfacher Weise Anknüpfen und Auftakt zugleich. Das macht sich unter anderem auch dadurch bemerkbar, dass am folgenden Tag ab 10.30 Uhr in der ehemaligen Klosterkirche ein Festgottesdienst abgehalten und im Anschluss das Turmfest als Gemeindefest begangen wird, bei dem 100 Jahre des Turmaufbaus (1922 mit Glockenstube) und 70 Jahre der Glocken (Neuanschaffungen 1952 nach dem zweiten Weltkrieg) in Erinnerung gerufen werden. Pfarrer Martin Groß lernte Lars Mattil vor einem Jahr kennen, als dieser anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Verwaltungsgebäudes eine Sonderausstellung über das Leben und Werk seines Urgroßonkels Albert Haas (1877-1936) vorbereitete. Groß hierzu:
„Der Tuchfabrikant Haas war wie sein Vater ein sehr aktives Gemeindemitglied und Presbyter in Lambrecht. Als in den 1920er-Jahren nach dem ersten Weltkrieg das Großprojekt der Anschaffung neuer Glocken und der Erbauung einer Glockenstube anstand, war er federführend mit dabei. Er spendete Bauholz sowie Geld für die Turmuhr von 1923, die auf seinen Vorschlag angeschafft wurde.“
Lars Mattil, der sowohl für sein Unternehmen als auch für seine Familie spricht, ergänzt: „Damals wirkten der Pfarrer, die Unternehmer und die lokalen Politiker ganz eng zusammen. Man kannte sich und zog an einem Strang. Es wäre wünschenswert, wenn wir langfristig auch wieder zu einem besseren Miteinander finden würden. Das käme sicherlich allen zugute!“
Mit engagiert der „Verein Hilfe im Tal e.V.“
Die Veranstaltung am 17. September wird einen weiteren lokalen Akteur einbinden, und zwar den im April 2022 gegründeten Verein Hilfe im Tal e.V. Nach dem Motto „Lasst uns nie aufhören, damit anzufangen, anderen zu helfen.“ ergab sich deren Anfang im März 2022 als spontane Interessengemeinschaft zur Unterstützung von Flüchtlingen aus der Ukraine. Fortführend und auf diese Aktivitäten aufbauend wurde ein gemeinnütziger Verein gegründet, dessen Anliegen es ist, Menschen zu helfen, die von Krankheit, Unfall oder anderen Schicksalsschlägen betroffen sind - vorrangig in den Lambrechter Talgemeinden. Die Benefizveranstaltung soll den finanziellen Grundstock ausbauen, um weitere Aktionen umzusetzen.
Doch nicht nur auf Seiten der Kooperationspartner kommt viel ehrenamtliches Engagement zustande, sondern auch von den Künstlern selbst. Die Veranstaltung „Die Kinder von Fukushima“ wurde von Wolfram Blank, dem Leiter der privaten Musikschule „Orffeo Studio“ in Mannheim, konzipiert. Im Rahmen ihrer sozialen Aktivitäten organisiert diese regelmäßig Benefizveranstaltungen zugunsten unterschiedlicher guter Zwecke. Die neueste Produktion versteht sich als Collage unterschiedlicher künstlerischer Ausdrucksformen. Sie verbindet japanische Kunstlieder, Rezitationen von Kurzgedichten (Haiku) von Yasuhiko Shigemoto und von Zeitzeugen-Stimmen sowie Skulpturen und eine Videoinstallation. Die ersten beiden Aufführungen fanden im März 2022 in Mannheim und in Ludwigshafen-Maudach statt und wurden durch Corona-Stipendien für Künstler und Künstlerinnen des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg unterstützt. Der Kontakt zu Lambrecht kam zustande, weil Lars Mattils Ehefrau, die japanische Sängerin Rie Mattil, eine der Gesangssolistinnen ist. Neben ihr musizieren Kei Suzuki (Sopran) und Genya Kai (Klavier). Fumiko Nishino-Friedewald und Wolfram Blank rezitieren dazwischen im Wechsel Zeitzeugen-Aussagen sowie Gedichte. Der freie Künstler Johannes Peter schließlich steuerte Skulpturen und die Videoinstallation bei. Alle Akteure verzichten auf ihr Honorar - und das, obwohl die ersten Corona-Jahre gerade für Kunstschaffende nicht einfach waren!
Erdbeben und Tsunami
„Die Kinder von Fukushima“ nimmt seinen Ausgang am 11. März 2011. Vor der Ostküste der japanischen Hauptinsel Honshu ereignete sich ein Erdbeben und darauf folgend ein Tsunami, wobei das Atomkraftwerk in Fukushima beschädigt wurde. Die Naturkatastrophe, gepaart mit menschlichem Versagen, führte zum Super-GAU und zu einer Kontamination weiter Landstriche. Nicht nur das Leben der Arbeiter des Atomkraftwerks, sondern auch große Teile der Bevölkerung war vom einen Tag zum anderen nicht mehr Dasselbe wie zuvor.
Dies gilt auch für andere, ihr vorausgegangene Atomkatastrophen - allen voran jene in Hiroshima (1945) und in Tschernobyl (1986) -, zu denen ein Bogen geschlagen wird. Durch den Ukraine-Krieg kommt es zu Kampfhandlungen in unmittelbarer Nähe zu Atomkraftwerken, wodurch das Thema Anfang 2022 eine neue Brisanz gewann. Es wird auf das Schicksal der Betroffenen - insbesondere der Kinder - und deren Leben und Leiden aufmerksam gemacht. Am Schluss wird der Wunsch nach Frieden geäußert.
Mehr Informationen: Jola Spezialschalter GmbH & Co. KG (Veranstalter):
www.jola-info.de/70-jahre-jola - Prot. Kirchengemeinde Lambrecht-Lindenberg (Kooperationspartner): www.evkirche-lambrecht.de - Hilfe im Tal e.V. (Hilfsorganisation): www.hilfe-im-tal.eu - Orffeo Studio Mannheim (Konzept): www.orffeostudio.de