Mai des Herbstes

Nun schreiben wir also die Neun hinter die Tageszahl unserer Briefe, elektronisch geschieht dies automatisch. Wir sind im September. Schon? – so werden sich viele gefragt haben, als sie den Monatsnamen am Sonntag zum ersten Mal auf dem Kalender oder dem Handy fanden. Wirklich schon Herbst bei den Hochsommer-Temperaturen zum Monatsbeginn? Denn eigentlich ist ja am 22. September in diesem Jahr der Herbstbeginn. Aber wir haben ja noch 16 Tage lang Sommer. Später Sommer vielleicht, aber doch eine Zeit, die man den Mai des Herbstes nennt, weil es noch immer wunderschöne Tage gibt. Aus Altgold scheint der Sonnenball zu sein, der von einem meist wolkenlosen, tiefblauen Himmel strahlt. In wohliger Wärme kuschelt sich der Wein an die Hänge der Vorderpfalz und reift zu Saft und Süße. Herbstblumen leuchten in den Gärten, schon färbt sich blond das erste Laub, und an den Berghängen blüht violett die Heide. Die ersten Zugvögel haben uns schon verlassen. Aber noch piept und fliegt es um Strauch und Baum. „Zu Mariä Geburt am 8. September zieh’n die Schwalben furt und nimmt auch der Storch den Reisegurt“ – so sagt ein Bauernspruch. Die Witterung ist im September beständig wie sonst nie im Jahr. Gewitter gibt es kaum noch, und wenn es mal regnet, dann fallen die Tropfen meist sanft und leise und sind wie silbernes Gitter. Gut dran ist, wer jetzt Urlaub macht. Denn er kann wandern und hat, wenn er Berge ersteigt, fast immer eine klare Sicht ins weite Land. Die Wetterstatistik verrät, dass sich in 79 von 100 Jahren während des Septembers besonders zwischen dem 3. und 12. Monatstag eine solche herbstliche Schönwetterlage ausbildet und störungsfrei anhält. Schlechtes Wetter mit Bewölkung und Niederschlägen hat sich am häufigsten zwischen dem 14. und 18. September gezeigt. Aber auch in einer solchen Wetterphase bringt der Mai des Herbstes keine stürmischen Unwetter, sondern eher gemächliches Nieseln.