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Talpost Lambrecht
Ausgabe 36/2024
Verbandsgemeinde Lambrecht (Pfalz)
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„Steinerne Kanzel“ aus dem Dornröschenschlaf erweckt

Durch den von Helmut Weitzel (dritter von links) gemeißelten Hinweisstein finden Wanderer leicht die „steinerne Kanzel". Auf dem Foto links Walter Wolf, zuständig für die Schriftgestaltung und Helfer Walter Lässig und Albert Kuhn.

Besichtigung der steinernen Kanzel mit Enthüllung der Erinnerungstafel. Auf der Kanzel der ehem. Forstamtsleiter Alfred Graf Zedtwitz, dahinter von links (halb verdeckt) der ehem. Revierförster Jochem Rahm, die Revierförster Huberth Stuhlfauth und Dirk Neumann, der ehem. Forstamtsleiter Gerhard Albert, der aktuelle Leiter des Forstamtes Johanniskreuz Niklas Tappmeyer und der ehem. Forstamtsleiter Uwe Tabel.

Die 100jährige „Steinerne Kanzel“, zu der fünf behauene Sandsteinstufen führen. Von dem Rondell aus sprach vor hundert Jahren  Forstmeister Ludwig Bindewald bei Betriebsversammlungen zu seinen Mitarbeitern.

Historisches Gemäuer nahe dem Herrentisch ein neues Wanderziel

(ve) Nur wenigen Wanderern im Pfälzerwald war ein Gemäuer nahe dem Herrentisch bekannt, das vor hundert Jahren errichtet wurde. Lange war die Herkunft dieses rätselhaften Mauerwerks in der Art eines Podestes und die hinaufführende Treppe nicht mehr bekannt, führte doch kein Wanderweg direkt vorbei, denn die aufgesetzten Steine waren fast unsichtbar im Wald verborgen. Das Mauerwerk besteht aus unregelmäßig geformten rohen Sandsteinen, die zu einem Rondell in gut einem Meter Höhe aufgesetzt sind. Hinauf zur Plattform führen fünf behauene Sandsteinstufen, das Rondell selbst ist mit Walderde bedeckt.

Vor 25 Jahren, als Alfred Graf Zedtwitz als Forstamtsleiter des damaligen Forstamtes Lambrecht seinen Dienst antrat und „seinen“ Wald inspizierte, stieß er auf dieses steinerne Rätsel. Niemand konnte über die Herkunft dieser rätselhaften Steine Auskunft geben, Hinweise auf dieses seltsame Podest waren auch in den Unterlagen des Forstamtes nicht zu finden. Der damalige Revierleiter Jochem Rahm berichtete, dass er in der Nähe des Herrentischs Franz Bauer aus Esthal zum Holzmachen eingewiesen habe. Und dieser damals 85jährige ehemalige Holzmacher habe ihm erzählt, was er von seinem Vater, ebenfalls Holzmacher, wusste: Das Podest war in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Auftrag von Oberforstmeister Ludwig Bindewald, dem Leiter des Forstamtes Lambrecht (1907 bis 1923), aufgebaut worden. Aus dem Gespräch ergab sich, dass der Oberforstmeister sich das Rondell hat bauen lassen, um dort regelmäßig seine Förster und Waldarbeiter zu Betriebsversammlungen um sich zu scharen. Vom erhöhten Podest aus gab er seine Anweisungen zur Arbeit im Wald, wobei er sicher auch nicht mit Lob und Tadel an seine „Untergebenen“ sparte.

Die folgenden zwölf Forstamtsleiter setzten auch angesichts der allgemeinen Modernisierung in der Waldbewirtschaftung die Tradition der persönlichen Ansprache mitten im Wald nicht mehr fort und so blieb die Steinerne Kanzel zwar ohne Funktion aber auch der Nachwelt erhalten. Die heutige Forstdirektion Johanniskreuz mit Forstamtsleiter Niklas Tappmeyer und Revierleiter Dirk Neumann erinnerten sich nun der „Steinernen Kanzel“, beschrifteten sie, zumal die Kanzel in diesem Jahre ihr „Hundertjähriges“ feiert. Zeitgleich wurde an die 25 Jahre zurückliegende reformbedingte Schließung des Forstamtes Lambrecht erinnert samt dem bevorstehenden 90. Geburtstag von Alfred Graf Zedtwitz, dem letzten Leiter des 1999 aufgelösten Forstamtes Lambrecht.