Lambrecht. (ve) Was haben alle die sich um Sitze im neuen Stadtrat bemühenden Parteien und Gruppen den Bürgern vor der Wahl versprochen? Alle waren sich sicher, neue Wege zur Gemeinschaft zu gehen, um Lambrecht weiterzuentwickeln, alte Zöpfe sollten abgeschnitten werden. Doch es war nach der Wahl Sand im Getriebe, denn die Tagesordnung zur ersten konstituierenden Sitzung war am 3. Juli veröffentlicht worden und in der Folge zweimal geändert worden. Da denkt man doch automatisch an den Spruch „rin in die Kartoffeln – raus aus den Kartoffeln“ als noch zur Kaiserzeit die Truppe zur Tarnung in den Kartoffelacker sich begeben sollte und der andere Offizier die Truppe zum Schutz der Pflanzen wieder aus dem Acker heraus befahl.
Zentrales und strittiges Thema im neuen Stadtrat war angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse die Wahl der Beigeordneten. Diese Wahl sah ohne nähere Kommentierung die Tagesordnung vom 3. Juli 2024 vor. Bei der Änderung der Tagesordnung, veröffentlicht am 21. August 2024, war plötzlich die Wahl der Beigeordneten nicht mehr aufgetaucht. Grund war wohl die gescheiterten Koalitionsverhandlungen, die CDU mit dem gewählten neuen Bürgermeister Andreas Ohler konnte keine Mehrheit um sich scharen. Zwei Tage später erfolgte die dritte Version der Tagesordnung, die Einladungen erfolgten immer noch unter dem Namen des bisherige Bürgermeisters Karl-Günter Müller (FWG), der bis zur Neuwahl seines Nachfolgers im Amt blieb. Doch mit der Eröffnung der Sitzung mit Ernennung des neuen Bürgermeisters wurde die Wahl der Beigeordneten von der Tagesordnung gestrichen. Grund war logistischer Art, denn die Einladungsfrist von vier Arbeitstagen war nicht eingehalten. Der angerufene Gemeinde- und Städtebund empfahl die Absetzung der Beigeordneten-Wahlen.
Die FWG-Fraktion (6 Sitze), die SPD-Fraktion (3 Sitze) und die Zweckfraktionsgemeinschaft (BSW und SWG) mit ebenfalls drei Sitzen haben sich sichtbar zu einer „Mehrheits-Opposition“ zusammengefunden. Mit ihren 12 Sitzen haben sie rechnerisch die Mehrheit bei insgesamt 21 Stimmen, wobei die 21. Bürgermeister-Stimme nicht bei Wahlen gilt. Der Stadtrat besteht aus 20 Sitzen. Die CDU verfügt über 6 Stimmen, die Grünen über 2 Stimmen. Das sind nur Rechenbeispiele zumal in den Parteien und Gruppen offenbar keine Einmütigkeit besteht, auch kein Fraktionszwang. Somit ist daraus zu schließen, dass der neue Bürgermeister Andreas Ohler (CDU) keine Mehrheit im Rat besitzen wird und sich bei Beschlüssen jeweilige Mehrheiten „suchen“ muss. Da wird mancher oder manche im Stadtrat über „den eigenen Schatten springen müssen“, wenn es um wichtige Beschlüsse geht.
Jedenfalls haben die FWG, die SPD und die BSW/SWG das „Handeln“ in ihre Hand genommen und nach Hinweisen auf die Gemeindeordnung die Tagesordnung zur konstituierenden Sitzung ändern lassen. Die Kraft der sich bildenden Opposition wurde bei angestrebter Änderung der Hauptsatzung sichtbar. Die CDU mit Unterstützung der Grünen wollte drei Beigeordnete wählen, die FWG/SPD/BSW/SWG hielt zwei Beigeordnete für ausreichend. Der Mehrheitsbeschluss ergab, dass es somit bei zwei Beigeordneten bleibt.
Zusätzlich beantragte die Zweckgemeinschaft BSW/SWG die Zahl der Ausschussgröße auf sieben zu reduzieren. Andreas Ohler wollte die Zahl der Ausschussmitglieder von bisher zehn auf neun Mitglieder reduzieren. Darin sah die Zweckfraktionsgemeinschaft eine Bevorzugung der beiden großen Fraktionen, die je drei Mitglieder bekämen und die anderen drei Fraktionen von SPD, BSW/SWG und Grüne nur je einen Vertreter. Bei der Siebener-Besetzung hätten die beiden großen Fraktionen je zwei Mitglieder, die drei anderen Fraktionen je einen Sitz. Die Siebener-Besetzung würde mehr Gerechtigkeit bedeuten. Dem Antrag auf Reduzierung der Ausschussmitglieder schloss sich der Stadtrat an.