Handglocken klingen vor dem Altar – Kirchenglocken läuten im Turm: Interessante und wirkungsvolle akustische Kombination anlässlich des Kirchenjubiläums: 100 Jahre Turm und 70 Jahre Glocken in der ehemaligen Klosterkirche in Lambrecht.
Der Gesangverein 1846 Lambrecht e.V. bei seinem musikalischen Beitrag
Dekan Andreas Rummel predigte im Festgottesdienst
Vor der Kirche und im Gemeindehaus wurde gefeiert und dem Kirchturm- und Glockenjubiläum gedacht.
(ve) Mit einem Festgeläute vom Turm der ehemaligen Klosterkirche, der prot. Kirche in Lambrecht, wurde am Sonntagmorgen zu einem besonderen Festgottesdienst eingeladen, denn vor 100 Jahren war der heutige Glockenturm der alten gotischen Kirche anstelle des kleinen Dachreiters aufgesetzt worden, gleichzeitig feierten die fünf Glocken, die nach dem zweiten Weltkrieg 1952 angeschafft wurden, ihr 70jähriges „Erklingen“. Beiden Jubiläen wurde mit einem Fest gedacht. Dekan Andreas Rummel hielt die Predigt in diesem Festgottesdienst, in dem er an das Martin Luther-Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ erinnerte, wobei die Kirche nicht nur als eine „feste Burg“ sondern vielmehr als ein „offenes Haus“ zu sehen sei. Er würdigte das mutige Vorangehen der Menschen vor hundert Jahren, die den Glockenstuhl in schwieriger Zeit errichteten, als das Geld von einem Tag auf den anderen nichts mehr wert war und wiederum mutige Menschen hätten es gewagt, wenige Jahre nach Kriegsende neue Glocken gießen zu lassen. Alle Menschen seien heute aufgerufen, als sichtbarer und hörbarer Fingerzeig Gottes, den Turm zu sehen und die Glocken zu hören. „Die Glocken signalisieren ein offenes Haus, denn dies will die Kirche Lambrecht sein“ betonte Dekan Andreas Rummel. Die Glocken laden ein zum Gebet und begleiten den Menschen sein gesamtes Leben. Zum Jubiläum sprach der Dekan den Wunsch aus, dass niemals mehr die Glocken einem Missbrauch dienen sollten.
Nach dem Eingangslied „Lobet den Herren, den mächtigen König der Ehren“ begrüßte Pfarrer Martin Groß die zahlreichen Kirchenbesucher und würdigte die Bedeutung von Kirche und Glocken, seit hundert Jahren sei der Turm nicht nur das Wahreichen der Kirche, sondern der gesamten Stadt, worin seit 70 Jahren die fünf neuen Glocken erklingen. Sein besonderer Gruß galt dem aus Bonn angereisten Dr. Hubert Puhl, der einen beachtlichen finanziellen Beitrag zur Anschaffung der elektronischen Steuerung der Turmuhr gleistet hatte, nachdem die historische mechanische Uhr aus dem Jahr 1923 einen irreparablen Schaden erlitten hatte. Begrüßt wurden die Mitglieder des Stadtrates und Bürgermeister Karl-Günter Müller sowie alle Mitwirkenden des Festgottesdienstes.
Im Festgottesdienst erfolgte die Einsegnung der neuen jugendlichen Teamer der Kirchengemeinde durch Pfarrer Martin Groß. Dekan Andreas Rummel sah die Jugendlichen als die „Botschafter Eurer Generation“ und er ermutigte sie, sich für den Ort zu engagieren und die Kirche der Zukunft zu gestalten. Die Jugendlichen hatten nach einer Grundausbildung das „Werkzeug“ für ihre kirchliche Arbeit in der Stadt und im Tal erhalten. Vorgestellt wurden Pia Lorenz, Valerie Pachomov, Jana Beck, Celina Clemens und Maximilian Hilgert durch Kathrin Füßer, der Jugendreferentin im Dekanat Neustadt. Pfarrer Groß segnete durch Handauflegen die Jugendlichen und freute sich über ihre künftige Arbeit als „wichtigen Baustein“ für die gesamte Kirche. Als äußeres Zeichen ihrer neuen Aufgabe erhielten die jugendlichen Teamer passende T-Shirts, entworfen von Kathrin Füßer.
Pfarrer Martin Groß „filterte“ jede der fünf Glocken aus dem Gesamtgeläute c-e-g-a-h aus und ließ nacheinander einzeln die fünf Glocken, die Taufglocke, die Morgengebetsglocke, die Mittagsgebetsglocke, die Abendgebetsglocke und die Ewigkeitsglocke erklingen, verbunden mit den jeweiligen Erklärungen.
Der Festgottesdienst bereichert wurde durch den Gesang des Gesangvereins 1846 e.V. Lambrecht, der in diesem Jahr sein Jubiläum zum 175jährigen Bestehen gefeiert hatte, mit dem Lied „Herr meine Güte“ und „Irische Segenswünsche“. Eine Besonderheit stellte der Beitrag des Handglockenchors Karlsruhe mit „Lament“, „Joyful Proclamation“ und „Remembrance“ dar. Jede der Spielerinnen bediente mehrere Glocken aus Bronze, die in der Länge des Notenwertes zum Schwingen gebracht und anschließend wieder einfühlsam abgedämpft wurden, um einen ausdrucksvollen Gesamtklang zu erzeugen. Die Orgel zum Festgottesdienst spielte Simone Weber. Ein großer Applaus der Festgottesdienstbesucher galt allen Mitwirkenden.
Nach dem Dank an seinen Veranstaltungsausschuss, stellvertretend nannte Pfarrer Groß den Vorsitzenden des Presbyteriums, Harald Henrich, galt sein Dank Wolfang Mildner und Thomas Kollinger, die das Original-Modell des Kirchturms aus dem Jahre 1922 wieder aufgearbeitet und in der Vorkirche aufgebaut hatten. Hier war auch eine kleine Foto-Ausstellung zur Geschichte des Turmes und der Glocken zu sehen. Zum historischen Rückblick „100 Jahre Kirchturm und 70 Jahre Glocken“ lag der Gemeindebrief bereit.
Vor der Kirche bestand ein umfassendes Angebot zum „Essen und Trinken“, geöffnet war auch das Gemeindehaus mit „Kaffee und Kuchen“. Holzklötzchen standen bereit, um den „höchsten“ Kirchturm aufzusetzen, was man schon immer einmal vom Kirchturm herunterrufen wollte, konnte man auf Kärtchen aufschreiben und schließlich war auch eine Kirchturmführung möglich, allerdings konnten jeweils nur fünf Personen angesichts der engen Platzverhältnisse teilnehmen.
Die Kollekte des Festgottesdienstes galt dem neuen Bauvorhaben der Kirchengemeinde. Um einen ebenerdigen Zugang zur Kirche zu schaffen, soll die Westwand der Kirche mit einem Eingangs-Portal geöffnet werden. Eine Architektin sei bereits mit der Entwurfsplanung beauftragt. Eine erste Sammlung für das Projekt war anlässlich des Kerwe-Gottesdienstes erfolgt.