Die Stadtwerke Lambrecht sehen sich rückläufigen Absatzentwicklungen gegenüber und werden versuchen, über neue Geschäftsfelder die Gesellschaft so gut aufzustellen, dass sie gegenüber zukünftigen Herausforderungen bestehen kann.
Vor dem Hintergrund des militärischen Angriffs Russlands auf die Ukraine sind die Preise im Erdgas- und Stromhandel stark angestiegen. In Deutschland arbeitet die Regierung an Maßnahmen, um die Importe von russischer Kohle, Öl und Erdgas zu verringern bzw. zu ersetzen. Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses der Stadtwerke Lambrecht sind der Fortgang bzw. die Entwicklung des Kriegs und dessen Auswirkungen noch nicht abzusehen, erläuterte Stadtwerke-Geschäftsführer Michael Frech vor dem Stadtrat.
Bei einer weiteren Eskalation des Krieges kann es dazu kommen, dass die Erdgaslieferung von russischer Seite eingestellt wird. Dies könnte dazu führen, dass deutschlandweit eine sogenannte Gasmangellage eintritt und gemäß Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) einzelne nicht schützenswerte Kunden durch Anweisung der Bundesnetzagentur vom Versorgungsnetz getrennt werden müssen. In so einem Fall würde es zu Ausfällen von Netznutzungserlösen und eventuell auch zu Schadenersatzforderungen der betroffenen Netzkunden gegenüber von Netzbetreibern kommen. Ebenso könnte es sein, dass Vorlieferanten/Lieferanten ihrer vertraglichen Pflicht der physischen Erdgaslieferung nicht nachkommen können bzw. den Liefervertrag aufkündigen. In so einem Fall müssten die Stadtwerke (wenn überhaupt möglich) Erdgas kurzfristig zu hohen Preisen am Energiemarkt beschaffen. Dies alles hätte erhebliche Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Stadtwerke.
Auf eine entsprechende Frage von Ratsmitglied Dirk Hedtke (Linke) zu einer möglichen Gassperre, wenn Bürger die hohen Gaspreise nicht bezahlen können, führte SWL-Geschäftsführer Michael Frech aus, dass bei Zahlungsrückstand nicht sofort gesperrt werde, es erfolge nach einer Androhung einer möglichen Sperrung, eine weitere Mitteilung und man versuche zu einer gemeinsamen Lösung zu finden. Eine Sperrung sei das letzte Mittel, müsse aber letztendlich aus wirtschaftlichen Gründen erfolgen.
Im Bereich der Erdgasversorgung wird der Verbrauch wesentlich mehr durch den Temperaturverlauf und die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen (Einbau effektiverer Heizgeräte, diverse Dämmmaßnahmen) beeinflusst. Die zunehmende Klimaveränderung trägt stark dazu bei, dass der Bedarf an Heizenergie kontinuierlich abnimmt. Absatzrückgange durch Kundenverluste oder Effizienzmaßnahmen konnten in der Vergangenheit zumindest im Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser durch Umstellung der Heizsysteme von Öl auf Erdgas weitgehend kompensiert werden. Klimabedingte Rückgänge können dagegen nicht ausgeglichen werden. Bei Neubauten wird zukünftig auf den Einsatz von Erdgas zur Wärmegewinnung verzichtet. Hier rücken andere Energieträger in den Focus. Im Segment der Sondervertragskunden (RLM), die Erdgas für die Produktion einsetzen, ist die Abgabe nur schwer zu prognostizieren; sie hängt maßgeblich von der Auslastung der Produktion und zunehmend vom Einkaufspreis für die Energie ab. Besonders vor dem Hintergrund der Veränderungen am Energiemarkt (Ausstieg aus der Wärmegewinnung auf Basis von Erdgas) wird sich der Absatz an Erdgas in den nächsten Jahren stark reduzieren.
Die Absatzmenge im Bereich der Elektrizitätsversorgung sinkt bei den Stadtwerken kontinuierlich weiter. Die Ursache dafür liegt im Wesentlichen in der rückläufigen Entwicklung von ortsansässiger Industrie und Gewerbe, was sich vor dem Hintergrund der angespannten Energielage in den Folgejahren weiter fortsetzen wird. Der Zubau von PV-Anlagen trägt ebenfalls zur Verminderung der Absatzmenge bei (Eigenerzeugung/Selbstverbrauch).
Gleichbleibender Wasserverbrauch
Bei der Wasserversorgung rechnet man mit einer gleichbleibenden Absatzmenge. Die Förderung von Trinkwasser ist durch den Betrieb von zwei Tiefbrunnen sichergestellt. Klimabedingte Auswirkungen, wie bei oberflächennahen Quellen, konnten bisher keine festgestellt werden. Für die in die Jahre gekommenen Wasserspeicher und technischen Anlagen fallen vermehrt Aufwendungen für Wartung, Sanierung, Instandhaltung und Ersatzbeschaffung an.
Der Netzbetrieb wird sehr stark durch die Vorgaben der Anreizregulierung beeinflusst. Die Kürzungen bei den beantragten Kosten enden zwangsläufig bei Einsparungen im Material und Personalbereich, dürfen allerdings nicht zu Lasten einer sicheren Netzführung gehen. Die Stadtwerke Lambrecht (Pfalz) GmbH versucht hier soweit wie möglich, die Erlösrückgänge beim Netzbetrieb durch verstärkte Kostendämpfungsmaßnahmen aufzufangen. Festzuhalten ist, dass der unverhältnismäßig hohe administrative Aufwand bei der Umsetzung der zukünftigen Prozesslandschaft sowie die Zerschlagung von unternehmensinternen Synergieeffekten in Zukunft vor allem die kleineren Energieversorger überproportional benachteiligen und an ihre Belastungsgrenzen führen werden. Der Umbau von Stromerzeugung, Speicherung und Verteilung stellt die Stadtwerke und ihre Mitarbeiter heute und auch zukünftig vor große Herausforderungen.
Auf der einen Seite stehen die Regularien der Anreizregulierung und der Wettbewerbsdruck im Vertriebsbereich um die Belieferung der Endkunden, auf der anderen Seite entstehen eventuell gerade durch diese Veränderungen der Marktgegebenheiten neue Geschäftsfelder für die Stadtwerke. Ob die neuen Geschäftsfelder ihren Beitrag zur Ertragssicherung der Stadtwerke leisten können, ist unklar. Die Geschäftsführung und die Mitarbeiter der Stadtwerke Lambrecht werden alles daransetzen, das Unternehmen so aufzustellen, dass es für die jetzigen und zukünftigen Herausforderungen gut aufgestellt ist.
Auf eine entsprechende Frage von Peter Seelmann (CDU) bestätigte Geschäftsführer Michael Frech weitere Verhandlungen mit den Gemeindewerken Weidenthal zwecks Übernahme der technischen Betriebsführung der Wasserversorgung von den Verbandsgemeindewerken. In Weidenthal haben die Stadtwerke Lambrecht bereits die Betriebsführung der Gasversorgung übernommen. Die Entscheidung liegt in den Händen der Gemeinde Weidenthal, zustimmen müssen der Aufsichtsrat und die Gesellschafter. Man sei jedenfalls auf einem guten Weg, eine Zusammenarbeit ab 2023 anzustreben.
2022 sind Investitionen in Höhe von rund einer Million Euro geplant. Seit 5 Jahren liegt der Schwerpunkt auf dem Umbau der Gasversorgung. Dieser Umbau ist nun abgeschlossen. Die kommenden Jahre wird der Focus auf der Erneuerung der in die Jahre gekommenen Trinkwasseraufbereitungsanlagen liegen. Daneben soll die Digitalisierung der Stadtwerke Lambrecht (Pfalz) GmbH und die Investition in erneuerbare Energie vorangetrieben werden. Die geplanten Abschreibungen und Finanzzuschüsse werden nicht ausreichen um die dafür notwendigen Investitionen zu tätigen. Die entstehende Unterdeckung muss zukünftig durch den Einsatz erwirtschafteter Mittel oder durch die Aufnahme von Fremdkapital erfolgen.
Bei den sich abzeichnenden rückläufigen Absatzentwicklungen (Betriebsstilllegungen, Verlagerungen, Ausstieg aus der Erdgasversorgung) und einer sich verschärfenden Netzentgeltregulierung sieht die Geschäftsführung für die nächsten Jahre eine zurückgehende Ergebnisentwicklung. Auch wenn alle Preisentwicklungen am Markt vollständig und zeitnah weitergegeben werden, rechnet die Geschäftsführung mit dieser Tendenz. Die Einschätzung basiert im Wesentlichen auf dem zunehmend höheren Kostenaufwand im IT- und Personalbereich sowie den rückläufigen Absatzzahlen.
Die gesamte Energiewirtschaft und damit auch die Stadtwerke Lambrecht (Pfalz) GmbH sind einem massiven Wandel ausgesetzt. Der Umbau der Energielandschaft zur Klimaneutralität, die zunehmende Digitalisierung und die Neubewertung von Kundenbedürfnissen setzen die Stadtwerke und ihre Geschäftsfelder sehr unter Druck. Zukünftig müssen neue Tätigkeitsfelder erschlossen werden, dafür ist ein planvolles Vorgehen in Form einer frühzeitigen Strategieausrichtung notwendig.