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Talpost Lambrecht
Ausgabe 41/2023
Stadt Lambrecht (Pfalz)
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Lebenslang für Lambrecht und das Tal geforscht

Dr. Kurt Lembach, der unermüdliche, gewissenhafte Wahrer der Zeitgeschichte der Stadt Lambrecht und des Tales, war bis ins hohe Alter sehr rüstig und ist leider im 92. Lebensjahr verstorben. Das Foto (2021) zeigt ihn vor den Wandmalereien der Ostwand der ehem. Klosterkirche.

 

Dr. Kurt Lembach im 92. Lebensjahr verstorben – Freizeit der Geschichte seiner Vaterstadt Lambrecht und dem Lambrechter Tal gewidmet

Der Lambrechter Dr. Kurt Lembach, Historiker und klassischer Philologe, ist im 92. Lebensjahr verstorben. Er hat durch seine zahlreichen Forschungen und Veröffentlichungen für Lambrecht und das Tal sichtbare Zeichen gesetzt. So wurde auf seine Anregung hin im niedergelegten ehemaligen Kreuzgang südlich der Klosterkirche der Brunnen auf den Namen der Vollenderin der St.-Lamberti-Kirche „Kunigundenbrunnen“ benannt. Auch der schöne Platz um den „Geißbockbrunnen“ im Stadtteil Grevenhausen verdankt ihm seinen Ehrennamen „Herzog-Otto-Platz“ – nach dem Gründer des Klosters und damit der Stadt Lambrecht – und der „Tuchmacherplatz“ samt den „Tuchmacherbrücken“ ihren Namen. Auf seinen Antrag hin wurde auch der Gedenkstein für den Lambrechter Schriftsteller Dr. Kurt Faber auf dem Friedhof errichtet. Dass eine Kopie des „Lambrechter Engels“, des ältesten Glasgemäldes der Pfalz, in der ehemaligen Klosterkirche besichtigt werden kann, ist ebenfalls hauptsächlich Dr. Kurt Lembach zu verdanken.

 
Gegen das Vergessen

Über lange Jahre widmete der klassische Philologe und Historiker Dr. Kurt Lembach fast seine gesamte Freizeit der Geschichte seiner Vaterstadt Lambrecht und des Lambrechter Tals, wobei seine ganze Aufmerksamkeit dem Vergessenen galt. Dazu gehörten vor allem die Gefallenen und Vermissten der späteren Verbandsgemeinde Lambrecht im 1. Weltkrieg 1914-1918. Jedem einzelnen der über 430 Gefallenen und Vermissten spürte er nach.

Aber Dr. Kurt Lembach begnügte sich keineswegs mit der Feststellung von Namen, Alter, Geburtstag, Wohnort, Dienstgrad, Regiment, Division, Todestag, Todesursache, sondern er stellte auch den Tod jedes einzelnen in das Gesamtgeschehen der Fronten in Ost und West. So entstand in seiner über fünf Jahre dauernden Mühe – die zudem mit nicht unbeträchtlichen Kosten verbunden war – das einzige Entgelt für Dr. Lembach war die Anerkennung der Hinterbliebenen! – in 18 Folgen mit über 70 Talpost-Seiten ein eindrucksvolles Epos von Kämpfen, Leiden, Siegen und Sterben der Pfälzer Regimenter der Königlich Bayerischen Armee im 1. Weltkrieg, dargestellt am Beispiel der toten Söhne des Tals. Es gibt unseres Wissens keine Parallele zu Dr. Lembachs Serie „Wo die Söhne des Tales vor 65 Jahren fielen“.

Eine Fortsetzung fand dieser große Bericht in der ausführlichen Darstellung der Kämpfe in Lambrecht während der Separatistenzeit 1923 und vor allem in dem Bericht „Als im Lambrechter Tal die Kinder starben“ – „Der Zweite Weltkrieg im Tal des Speyerbachs und des Hochspeyerbachs“.

Ehrung Lambrechter Schriftsteller

Auch für andere Vergessene setzte sich Dr. Lembach ein: So kämpfte er unverdrossen für eine Ehrung des Lambrechter Schriftstellers Dr. Kurt Faber, regte die Neuauflage des Faber-Buches „Unter Eskimos und Walfischfängern“ an, zu dem er das Vorwort unter Benutzung von bisher zum Teil unbekannten Dokumenten verfasste, und vermittelte den persönlichen Nachlass Kurt Fabers an die Pfälzische Landesbibliothek in Speyer, die dankbare Erbin war. Er weckte mit großen Talpost-Artikeln die Erinnerung an den hier aufgewachsenen, aber völlig vergessenen Schriftsteller Dr. Paul Bartololy und an den in der Pfalz weithin populären Schriftsteller Heinz Lorenz-Lambrecht, einen überaus treuen Sohn seiner Vaterstadt Lambrecht. Auch dem hiesigen Künstler-Pfarrer Dr. Bernhard Würschmitt und dem Lambrechter Lehrer und Burgenforscher Peter Gärtner widmete er große Artikel.

Mit im Vordergrund seines forschenden Interesses stand der Gründer St. Lambrechts: Otto Graf von Worms und Herzog von Kärnten und in Rheinfranken (Pfalz / Rheinhessen) und dessen Familie, das Herrschergeschlecht der Salier, das mit St. Lambrecht bzw. Grevenhausen eng verbunden war. Davon zeugen seine Broschüre „Herzog Otto, der Gründer Lambrechts“ und sehr viele Talpost-Artikel. Er entriss in fünf Folgen ferner Herzog Konrad den Roten, dem Vater Herzog Ottos und Schwiegersohn Kaiser Ottos des Großen, gefallen 955 als Sieger in der welthistorischen Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg gegen die ins Reich eingefallenen Ungarn, der hier in Grevenhausen sein Grafenhaus hatte und also „einer von uns“ war, der hiesigen Vergessenheit.

 
Wallonische Gemarkungsnamen erklärt

Dr. Lembach sammelte und erklärte die Lambrechter Gemarkungsnamen – die deutschen und die wallonischen (insgesamt 12 Folgen) – und vermochte dabei manche Fehldeutung richtigzustellen. Die wallonischen Flurnamen konnte er um einige völlig vergessene ergänzen bzw. rekonstruieren. Die Bedeutung der wallonischen Flurnamen „Foresäng“ und „Boweree“ wurden endgültig geklärt.

Er sammelte die Gedichte und Reime, die über das Lambrechter Tal und seine Nebentäler in vergessenen Zeiten verfasst worden waren, deutete und ergänzte die verstümmelten lateinischem Inschriften an und in der Klosterkirche, die im „Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte“ veröffentlicht wurden, darunter das zentrale Fresko mit dem Pestheiligen Quirinus, spürte den letzten erhaltenen Rittergrabstein aus der Klosterkirche in Deidesheim auf und fand den ältesten in Lambrecht noch erhaltenen Grabstein an der Ostseite des „Klemmhofs“ wieder.

 
Das älteste Glasgemälde der Pfalz

Dass er das einzige noch erhaltene Glasgemälde der Klosterkirche aus der Zeit der Priorin Kunigunde v. Fleckenstein in der Pfalzgalerie in Kaiserslautern aufspüren konnte, ist ein besonderes Verdienst Dr. Lembachs: Nach langer schriftlicher und mündlicher Diskussion mit dem damaligen Leiter dieses Museums, gelang es dem Lambrechter Historiker die Herkunft dieses ältesten Glasgemäldes der Pfalz aus Lambrecht zu beweisen. Dass dieses Kleinod heute in der Pfalzgalerie ganz offiziell „Lambrechter Engel“ heißt und im „Pfälzischen Klosterlexikon“ mit einer Abbildung gewürdigt wird, ist Dr. Lembachs Verdienst. Eine Kopie des „Lambrechter Engels“ befindet sich heute in der ehem. Klosterkirche in Lambrecht.

Kleine und große Themen

Aber nicht nur die großen Themen, auch die zunächst unscheinbaren Funde, die ihm Mitbürger brachten, interessierten ihn, ob es sich nun um eine Medaille aus dem Boden der „Boweree“ handelte, die an den „Sacco di Roma“ aus dem Jahre 1527 erinnerte, oder um ein paar geschwärzte Heftseiten aus dem Jahre 1812, unter Dachziegeln gefunden, oder ein Dokument aus dem Siebenjährigen Krieg (1756-63), das hinter einer Türfüllung zum Vorschein kam.

Dr. Lembach stellte die Gründungsdaten der alten Lambrechter Gebäude in die damalige Zeitgeschichte und entdeckte ein Geißbockspiel aus dem Jahre 1867 wieder, das zu seiner Zeit in Lambrecht mehrmals zur Aufführung gekommen war. Er schrieb ausführlich über die „Kostbarkeiten der St. Lambrechter St. Lamberti-Klosterkirche“ so z.B. über die „Reliquienwand“ für die Jakobspilger nach Santiago de Compostela.

Leistungen der Tuchmacher und Baumeister

Er schilderte ausführlich „Leistung und Ruhm der Lambrechter Tuchmacher“ vor allem im 19. und 20. Jahrhundert (1.Hälfte). Er weckte die Erinnerung an die bei der Tuch- und Filzfabrik J.J. Marx während der Kriegsjahre 1942-1945 beschäftigten „Russenmädchen“ und verewigte ihr Andenken durch Übergabe ihrer Fotos an das Pfälzische Landesarchiv in Speyer.

Er schrieb über hervorragende Baumeister aus dem Lambrechter Tal, die zu Unrecht völlig vergessen waren, nämlich Wolfius von Weidenthal, der die außerordentlich kunstreichen Eisenbahnbrücken und Viadukte zwischen Neidenfels und Weidenthal errichtete, Heinrich Meyer von Frankeneck, Spezialist im Dampfkaminbau, Kesselbau usw., Karl Landeck von Elmstein, der sämtliche Haupt- und Nebenbäche des Tals kanalisierte und den Bau der schwierigen Eisenbahnstrecke zwischen Neustadt und Lambrecht leitete; sein Enkel Friedrich Landeck baute überall in der Pfalz Chausseen und viele Schulhäuser; über J. Hartweck und J. Jagsch von Lambrecht, der mit seinen Söhnen hier im Tal und in der ganzen Pfalz Großartiges leistete: Sie errichteten die verschiedenen Tuchfabriken in Lambrecht, die Schulhäuser in Elmstein, Frankeneck, Neidenfels, Neustadt, Hambach, Haardt und vor allem das heutige Leibniz-Gymnasium, den Saalbau, das Hetzelstift, das Bezirksamt, die katholische Kirche in Edenkoben, großartige Kellereien, prachtvolle Fabrikanten-Villen und schöne Häuser für die Arbeiter und Angestellten.

In über 24 Folgen schilderte er am Beispiel zweier späteren Elmsteiner Forstwarte und eines späteren Iggelbacher Lehrers die Leiden der Voreltern als Soldaten in der napoleonischen Armee. Sehr ausführlich beschäftigte er sich mit den bis dato vernachlässigten bedeutungsvollen Kopfkonsolen der Nonnenempore der Klosterkirche in 15 Folgen und dem „Schreckkopf“ am Zunfthaus (4 Folgen).

Dr. Lembach war Mitverfasser der Lindenberger Chronik für die er akribisch „Die Flutkatastrophe im Neutal 1834“ und „Lindenberg im Luftkrieg 1939-1945 / Das Kriegsende“ schilderte. Auch mit den rätselhaften Steinen auf dem Lindenberger „Schwalbeneck“ befasste er sich ausführlich.

Dass die Bezeichnung „Neustadter Tal“ durch „Lambrechter Tal“ ersetzt wurde, hat in seiner jahrzehntelangen Bemühung ohne jeden Zweifel seine Ursache. Die Liste der Themen, die Dr. Lembach geschichtlich und kulturhistorisch aufarbeitete, ließ sich noch weiter fortsetzen; es sind über 160 Artikel, die allesamt in der „Pfälzischen Landesbibliothek“ in Speyer und der „Pfalzbibliothek“ in Kaiserslautern katalogisiert und archiviert wurden und im Lesesaal eingesehen werden können.

 
Dissertation über den altgriechischen Dichter Theokrit

Während seiner Dienstzeit als Erster Stellvertretender Leiter des St. Franziskus-Gymnasiums Kaiserslautern und zugleich Leiter der Oberstufe war Dr. Kurt Lembach außerdem Mitglied des Mainzer „Schulbuchausschusses Alte Sprachen“ und Mitarbeiter bei der Erstellung der Curricula, der „Mainzer Studienstufe“. Hier regte er zwei wesentliche Änderungen der Abiturprüfungen an. Er setzte sich mit Nachdruck für die Erhaltung und Förderung des „Erfolgsmodells Gymnasium“ ein. Mehrere seiner Aufsätze wurden veröffentlicht, so z.B. „Sieben Jahre Mainzer Studienstufe“ oder „Erziehung zu ethischen Normen – ein Auftrag der Schule“ und vor allem „Aufgabe und Leistung des Gymnasiums“. Er veröffentlichte wissenschaftliche Abhandlungen im „Gnomon“ – „Kritische Zeitschrift für die gesamte Altertumswissenschaft“ und im „Archiv für Mittelrheinische Kirchengeschichte“. Er hielt außerdem Vorträge im „Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde“ in Kaiserslautern.

Der gebürtige Lambrechter studierte nach dem Abitur am heutigen Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium Neustadt an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Altgriechisch, Latein, Geschichte, Philosophie und Erziehungswissenschaft. Hier promovierte er nach dem Staatsexamen zum Dr. phil. Seine Dissertation über den altgriechischen Dichter Theokrit fand große Beachtung.

Ein Leben lang befand sich Dr. Kurt Lembach auf „Spurensuche“ in den Tälern des Speyerbachs und Hochspeyerbachs. Er hat sich ohne Zweifel um seine Vaterstadt Lambrecht und das Tal sehr verdient gemacht. Seine Beisetzung findet am Samstag, 14. Oktober 2023, 11 Uhr, auf dem Lambrechter Friedhof statt.