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Talpost Lambrecht
Ausgabe 41/2024
Lokalspitze
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Man merkt die Absicht …

Man merkt die Absicht – und ist verstimmt! Ist das nicht schon jedem von uns mal passiert? Da zeigt sich jemand uns gegenüber besonders freundlich und aufmerksam, wir vermuten Verständnis bei ihm und freundschaftliche Gefühle – und mit einem Male müssen wir erkennen, dass dieses Entgegenkommen, diese Aufmerksamkeit gar nicht dem Menschen in uns galt, sondern vielmehr unserer Stellung, unserem Einfluss, vielleicht auch unseren finanziellen Möglichkeiten. Wir kommen plötzlich dahinter, dass der andere nicht um unserer schönen Augen willen nett und hilfsbereit ist, sondern dass er damit einen ganz bestimmten Zweck verfolgen will. Wir sollen ihm entweder zur Erlangung einer Stellung verhelfen oder ihm finanziell unter die Arme greifen; er verspricht sich etwas von unserer Fürsprache bei wichtigen Persönlichkeiten – kurzum sein ganzes Verhalten ist einzig und allein auf seinen eigenen Vorteil ausgerichtet. Und wir haben schließlich diese Absicht gemerkt und sind – verständlicherweise – verstimmt. Denn jeder fühlt sich empfindlich getroffen, wenn er erkennen muss, dass man ihn als Mittel zum Zweck betrachtet. Die Formulierung dieser bitteren Erkenntnis verdanken wir übrigens keinem Geringeren als Johann Wolfgang v. Goethe in dessen „Tasso“ es – etwas abgewandelt – heißt: „So fühlt man Absicht, und man ist verstimmt“. Auch der Dichterfürst, dem nichts Menschliches fremd war, hat sicher oft genug die Richtigkeit dieses Ausspruches an sich selbst erfahren müssen …