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Talpost Lambrecht
Ausgabe 42/2023
Lokalspitze
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Wie spät?

Wie sehr wir Menschen heute Sklaven der Zeit geworden sind, einer Zeit, die sich selbst davonläuft, geht aus der Unsicherheit hervor, die uns selbst befällt, wenn wir aus irgendwelchen Gründen mal ohne Zeitmesser leben müssen. Da will plötzlich die Uhr nicht mehr und muss zur Reparatur, oder das Lederarmband ist gerissen und man kann das neu angebrachte erst am Abend samt tickendem Werk wieder abholen. Oder die Digitalanzeige am Handy ist außer Betrieb, weil der Akku leer ist…

Diese Stunden, in denen wie weiß wie oft andere Leute fragen: „Wie spät ist es eigentlich?“ bringen uns zum Bewusstsein, wie unser Dasein beruflich und privat aus jenen wenigen Schritten besteht, die wir sonst als Sekunden und Minuten kaum beachten. Es ist erwiesen, dass der Mensch der Gegenwart sich in „Fünfermanier“ orientiert; wir sagen also als Termine „Fünf vor acht“ oder „Fünf nach halb sieben“ und runden auch großzügig Abfahrtszeiten nach unten oder oben auf diese Fünf ab, immer so natürlich, dass wir Bus oder Bahn bestimmt noch erreichen. Das vereinfacht die Orientierung, sicherlich, aber es hat uns den Sinn für die Zeit genommen. Nur der Morgenfunk lässt uns noch spüren, dass die Zeit verrinnt. Wie einst der Sand im Stundenglas: Die aus dem Lautsprecher kommende Zeitansage ist nicht auf die fünf Minuten abgerundet, häufig aber auf die Drei – Spielminuten einer handelsüblichen Schallplatte, die heute digitalisiert abgespielt wird.