Titel Logo
Talpost Lambrecht
Ausgabe 43/2022
Titelseite
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe
-

Aktuelles

Die Stadt Lambrecht vom Teufelsfelsen aus gesehen. Die SPD hat die Entwicklung der Stadt über viele Jahrzehnte mitbestimmt.

In der Zeit der industriellen Revolution 1872 als 6. Ortsverein in der Pfalz durch Textilarbeiter gegründet - Festakt im Gemeinschaftshaus

Mit einem Festakt im Gemeinschaftshaus feiert der Ortsverein Lambrecht der SPD am Freitag, 28. Oktober, 18.30 Uhr, sein 150jährigen Bestehen. Festredner wird SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sein. Zum Jubiläum hat der SPD-Ortsverein Lambrecht eine Festschrift erstellt, in der die Geschichte der Partei in seiner Gesamtheit und speziell in Lambrecht über 150 Jahre dokumentiert ist. Ein Blick in die Historie gewährt darin Dr. Claudia Klemm, als nach einem ersten Textilarbeiterstreik 1859 ein großer Aufstand 1872 erfolgte und 300 Webstühle stillstanden. Die Weber forderten damals nicht nur eine Lohnerhöhung sondern sie prangerten auch allgemeine soziale Missstände an, wie eine grenzenlose Verarmung der Weber und die Ausbeutung der Kinder in den Fabriken. Nach sieben Wochen des Kampfes mussten die Weber jedoch erfolglos zurück an ihre Webstühle, ihre Forderungen wurden nicht erfüllt. Als bleibendes Ereignis wurde als Folge des Streiks 1872 jedoch in Lambrecht eine „lassalleanische“ Ortsgruppe gegründet (nach Ferdinand Lasalle, einem der Gründerväter der späteren SPD). Diese war die 6. und damit auch eine der ersten und stärksten Ortsgruppen in der Pfalz. Seine Mitglieder versuchten von nun an auf politischem Wege Einfluss auf die Entwicklung in Lambrecht zu gewinnen, was anfänglich noch an der starken Position der Fabrikanten scheiterte.

Als Folge des Sozialistengesetzes „gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“, das von 1878 bis 1890 galt, wurde eine sog. Basisarbeit auf verschiedenen Wegen geleistet, um nicht von den Gesetzeshütern erwischt zu werden. Entsprechende Druckschriften und Flugblätter wurden nachts verteilt. Nachdem eine Verlängerung des Sozialistengesetzes im Reichstag scheiterte, versuchten die Sozialdemokraten in wichtige politische Ämter zu kommen, was in der Pfalz, die damals zu Bayern gehörte, nicht einfach war.

Der erste SPD-Bürgermeister in Bayern

Bei der Bürgermeisterwahl kandidierte 1909 Karl Bitsch für die SPD und erhielt mit 18 Stimmen die Mehrheit. Das königliche Staatsministerium lehnte jedoch den Kandidaten ab, denn Karl Bitsch sei für dieses Amt „nicht geeignet“. Proteste des Gemeinderates blieben erfolglos, es musste neu gewählt werden. Als Kandidat der SPD wurde nun Max Neu gewählt und dieser wurde von der Regierung anerkannt und somit war er der erste sozialdemokratische Bürgermeister in Bayern. Seine Amtszeit dauerte bis 1921, ihm folgte der hauptamtliche SPD-Bürgermeister Hans Seiberth, dessen Amtszeit geprägt war von der Separatistenbewegung, Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Not. Nach dem Verbot durch die Nationalsozialisten war eine Betätigung als Sozialdemokrat in Lambrecht nicht möglich, Parteianhänger wurden Repressalien unterworfen, schreibt Claudia Klemm.

Erste Frau als Bürgermeisterin in Rheinland-Pfalz

Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden die ersten freien Wahlen 1946 statt, Georg Köhler (SPD) wurde zum ersten demokratisch legitimierten Bürgermeister nach dem Krieg gewählt. Im gleichen Jahr wurde der SPD-Ortsverein Lambrecht wiedergegründet mit Karl Bitsch als Vorsitzendem, der dieses Amt bis 1948 bekleidete. Ihm folgte 1949 Hermann Schneid bis zu seinem Tod im Jahre 1962. Im Jahre 1952 war Hermann Scheid (SPD) als Nachfolger von Georg Köhler als Bürgermeister der Stadt gewählt worden. Nach dessen Tod entschied sich der Stadtrat, mit Heinrich Salathe (SPD) 1963 einen hauptamtlichen Bürgermeister mit zwölfjähriger Amtszeit zu wählen. Aus gesundheitlichen Gründen ließ sich Salathe 1972 in den vorzeitigen Ruhestand versetzen, danach wurde das Bürgermeisteramt wieder ehrenamtlich ausgeschrieben.

Dieses ehrenamtliche Bürgermeisteramt fiel in der Folge für zwei Jahre an die CDU mit Alois Stöhr als Bürgermeister, doch die Stadtratswahlen 1974 brachten wieder die Wende zur SPD. In diesem Jahr wurde Erna Merkel - als erste Frau in Rheinland-Pfalz - zur Stadtbürgermeisterin gewählt. Sie hatte 20 Jahre dieses Amt inne. Die Stadtratswahl 1979 brachte der SPD die absolute Mehrheit mit 10 von 19 Sitzen. Erna Merkel war zuvor zur Vorsitzenden des SPD-Ortsverbandes gewählt worden nach den zwischenzeitlich agierenden SPD-Vorsitzenden Georg Bitsch, Karl Ohler, Heinz Clauder und Hans-Jürgen Dietrich. Wegen Arbeitsüberlastung trat Erna Merkel 1977 den Vorsitz des SPD-Ortsvereines an ihren Mann August Merkel ab, der bis 1995 an der Spitze stand. Ihm folgte Dieter Schmitt, der 1997 von Günther Semmelsberger bis 2013 abgelöst wurde, der somit 16 Jahre die Geschicke der Partei leitete. Sein Nachfolger wurde Jens Fadenholz, der die Lambrechter SPD von 2014 bis 2019 führte. Seit 2020 übt Martina Wode-Buser das Amt der 1. Vorsitzenden aus.

Veränderung der politischen Landschaft

Die Wahlen zum Stadtrat von 1994 brachten eine Veränderung der politischen Landschaft in Lambrecht. Zum ersten Mal wurde der Bürgermeister nicht mehr vom Rat sondern direkt von der Bevölkerung gewählt. In der Direktwahl unterlag der SPD-Kandidat Günter Semmelsberger dem CDU-Kandidaten Michael Stöhr. Im Stadtrat hatte die CDU mit der FWG die Mehrheit. Die SPD musste sich erstmals in die Opposition begeben. Das änderte sich 20 Jahre später im Jahr 2014, als die FWG die Mehrheit der Sitze errang und die SPD mit der FWG eine Koalition einging und somit als Junior-Partner nun wieder bis heute „mitregieren“ kann. Der Stadtrat besteht aktuell aus 20 Sitzen, davon SPD 4, CDU 6, FWG 8, Linke 1, SWG 1.

Engagement für die Heimatstadt

Der SPD-Ortsverein Lambrecht hat sich neben seiner politischen Arbeit auch dem bürgerschaftlichen Engagement gewidmet, wozu das jährliche politische Heringsessen gehört. Daneben wünscht der Ortsverein den Bürgern mit roten Eiern jedes Jahr ein „frohes Osterfest“. Die Grünanlage am Beutelstein wird „in Schuss“ gehalten, wo auch Sommerfeste gefeiert werden. Der „Hermann-Schneid-Brunnen“ wurde saniert und der Ortsverein widmete sich gestalterisch dem Spielplatz im Ortsteil Iptestal. Zum 140jährigen Jubiläum hatte der SPD-Ortsverein den Bahnhofsvorplatz neu gestaltet und mit einem Lambrechter Wappen geziert. Im Gedenken des Endes der Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren hatte der Ortsverein 2018 das Ehrenmal auf dem Friedhof einer umfassenden Säuberung unterzogen. Der Verein der Garten- und Blumenfreunde hat die großen Pflanzkübel auf der Friedrich-Ebert-Brücke neu bepflanzt, die SPD übernahm einen Kübel in Patenschaft. Die SPD unterstützte auch die Arbeit ehrenamtlicher Bürger auf den Bohnenäckern und stiftete eine Tafel mit dem Gedicht „Bin widder dehäm“ der Heimatdichterin Elisabeth Schneckenburger.