Titel Logo
Talpost Lambrecht
Ausgabe 44/2022
Titelseite
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe
-

Demokratische Parteien keine „öffentlichen Boxsäcke“

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert war Festredner des 150jährigen Jubiläums des SPD-Ortsvereines Lambrecht.

Die „5“ hatte sich von ihrem Sockel gelöst, ist zur Decke des Saales geflogen und hatte für eine „Verjüngung“ der 150jährigen SPD Lambrecht gesorgt.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert würdigt politische Arbeit der Parteien anlässlich der Feier „150 Jahre SPD-Ortsverein Lambrecht“ – Genossen haben im Tal Geschichte geschrieben und Spuren hinterlassen

(ve) Mit einem wohlgelungenen Festakt gedachte der SPD-Ortsverein Lambrecht seinem 150jährigen Bestehen im Gemeinschaftshaus. Dazu waren alle politischen Mandatsträger der Stadt, der Verbandsgemeinde, des Kreises, sowie die nahestehenden Abgeordneten des Landes und des Bundes samt allen SPD-Mitgliedern und die interessierte Bevölkerung eingeladen. Im Mittelpunkt zahlreicher Ansprachen und Grußworte in der kurzweiligen Jubiläumsveranstaltung stand die Festrede von Kevin Kühnert, dem Generalsekretär der SPD. Er bescheinigte dem Ortsverein Lambrecht, über 150 Jahre eine enorme ehrenamtliche Leistung vollbracht zu haben, die Respekt und Anerkennung verdient. Das großartige Jubiläum biete Anlass die Bedeutung demokratischer Parteien zu würdigen, die sich in über 70 Jahren stabilisiert hätten, denn Rechtsradikale seien keine Alternative, die Demokratie in Deutschland dürfe nicht ins Rutschen gebracht werden. Andere Staaten würden sich dieses Parteiensystem wünschen, weshalb es in Deutschland nicht geringgeschätzt werden dürfe. Die SPD sei Stabilisatorin, dennoch müsse man sich immer wieder neuen Fragen stellen, um die Ziele wie Freiheit, Gerechtigkeit, Verbesserung der Lebensverhältnisse zu erreichen und zu festigen. Gerade die SPD setze sich für soziale Rechte ein, als Beispiel konnte der Mindestlohn erhöht werden, allein im Landkreis Bad Dürkheim freuen sich jetzt 6875 Personen über die Lohnerhöhung.

Man könnte sagen, es ist alles erreicht, vieles ist überwunden und warum sind wir überhaupt in der Partei, doch die SPD als Mitgliederpartei sei in einer Wertegemeinschaft organsiert, um gemeinsam Grundwerte zu erhalten und auszubauen. Es gelte wie beim Ortsverein Lambrecht multiaktiv zusammenzuarbeiten mit dem Ziel des Arbeitens, um leben zu können. Es gelte Kräfte zu bündeln zum Wohle aller und die Flamme weiterzutragen. Die Parteien dürfen aber auch nicht zum „öffentlichen Boxsack“ werden, zumal die ehrenamtlich politisch Tätigen sich für das Gemeinwohl in ihrer Freizeit einsetzen und Verantwortung tragen. Parteien seien notwendig und sie würden gebraucht und für seine SPD hege er die Vision, 30.000 neue Parteimitglieder aufzunehmen. Die SPD sei nicht „wegen Überfüllung“ geschlossen und er hielt Aufnahmeanträge bereit. Das Engagement in der SPD sei wichtig, um weiter eine tragende Säule der Demokratie zu sein.

Grußworte

Alexander Schweitzer, Minister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung sprach als stellv. SPD-Landesvorsitzender und als Vorsitzender des SPD-Regionalverbandes Pfalz Glückwünsche aus und erinnerte an die Gründungsphase der SPD vor 150 Jahren, als sich aus der Arbeiterklasse die Gewerkschaften, Sozial-, Sport- und Gesangvereine gebildet hätten. Besondere Spuren seien in Lambrecht gelegt worden und die heutigen Politiker würden auf den Schultern der Altvorderen stehen. Trotz ihres Alters sei die SPD in Lambrecht eine politische Kraft, um die Zukunft zu gestalten. Demokratie zu schaffen und zu halten sei nicht einfach und sie müsse immer wieder stets erneuert werden.

Mit einem Grußwort mittels Videobotschaft gratulierte Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die Bezug nahm auf die Gründerzeit, als die Partei aus einer Streikbewegung heraus gegründet wurde. Der SPD-Ortsverein habe ein „Auf und Ab“ erlebt und sie würdigte die Arbeit der SPD-Mitlgieder an der Basis.

Präsente von Kreis, Verbandsgemeinde, Stadt, SPD-Gemeindeverband und von Vereinen

Die Ideen zum Erreichen von Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden sei vor 150 Jahren in Lambrecht gelegt worden, wobei die SPD die Stadt Lambrecht nachhaltig geprägt habe, führte der Lambrechter Stadtbürgermeister Karl-Günter Müller aus. Durch die SPD sei in der Stadt viel erreicht worden, ortsbildprägende Maßnahmen seien ergriffen worden, außerdem würdigte er das soziale Engagement in der Stadt. Nach 20 Jahren in der Opposition stehe die SPD nun wieder seit 2014 aktuell mit der 1. Beigeordneten in der Verantwortung.

Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld bescheinigte der SPD, ein großes Stück Demokratie im Tal mitgeschrieben zu haben, wobei die Parteien oft nicht die ihnen gebührende Wertschätzung erhalten. Die Parteien seien Träger der politischen Willensbildung und ihre Ehrenamtlichkeit sei zu würdigen. Die SPD sei mit anderen Parteien auf allen lokalen Ebenen sich nähergekommen und würde auch im Landkreis gut zusammenarbeiten. Man stehe zusammen, insbesondere wenn „es gegen den Kreis“ geht, meinte der Landrat mit einem ironischen Seitenhieb und überreichte einen Scheck. Weitere Glückwünsche sprach Gernot Kuhn, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Lambrecht. Er würdigte die politische Arbeit der SPD an der Basis der Demokratie, sie habe immer Ideen eingebracht und erfolgreiche Arbeit geleistet. Erich Pojtinger, SPD-Gemeindeverbands-Vorsitzender sprach für die SPD-Ortsvereine des Tales und würdigte die bisherige Arbeit des SPD-Ortsvereins Lambrecht und wünschte für den weiteren Weg alles Gute. Für die Lambrechter Vereine Gesangverein, Naturfreunde, Verein der Garten- und Blumenfreunde, TSV und Elisabethenverein gratulierte Werner Gutfrucht.

Die Gratulation für den jubilierenden SPD-Ortsverein Lambrecht durch Kreis, Verbandsgemeinde und Stadt sowie durch die SPD-Ortsvereine und der unpolitischen Vereine waren mit Scheckübergaben verbunden, wobei die SPD-Ortsvereine die „Bargeld-Übergabe“ bevorzugten.

Höchste Ehrung für ein Parteimitglied

Günther Semmelsberger, seit 1969 Parteimitglied und über Jahrzehnte Mandatsträger, wurde im Rahmen der Jubiläumsfeier mit der Willy-Brandt-Medaille ausgezeichnet. Ein ausführlicher Bericht ist auf einer enanderer Seite der heutigen Talpost-Ausgabe zu lesen.

Spotlights aus der Geschichte

Einen interessanten Einblick in 150 Jahre SPD in Lambrecht boten die in dem Festabend eingeblendeten Spotlights aus der Geschichte des Vereins, vorgetragen von Harald Henrich, Conny Wode und Maximilian Henrich. Die „Schlaglichter“ erinnerten an den 22. Mai 1872, als die Lambrechter Tuchweber in den Ausstand traten und vergebens für mehr Lohn und gegen soziale Missstände streikten, aber als Folge in diesem Jahr mit Lambrecht der 6. Ortsverein der SPD in der Pfalz gegründet wurde. Die Folgen des Sozialistengesetzes wurden überwunden, die sozialistische Ideen in Lambrecht und im Tal wurden in der Folge weitergetragen bis 1909 in Lambrecht (die Pfalz gehörte damals zu Bayern) der erste sozialdemokratische Bürgermeister in Bayern gewählt wurde. Weitere einschneidende Ereignisse waren die Wahl von Hans Seiberth 1921 zum hauptamtlichen Bürgermeister, der politische Neuanfang nach dem zweiten Weltkrieg, die absolute SPD-Ratsmehrheit im Stadtrat, 20 Jahre Bürgermeisterin Erna Merkel und schließlich Verlust des Bürgermeisteramtes mit Rückzug in die Opposition und der Weg zurück als Juniorpartner in die Regierung. (Ausführlich hatte die Talpost bereits in ihrer Ausgabe 43/2022 auf der Titelseite über 150 Jahre SPD in Lambrecht berichtet).

Begrüßung, Schlusswort und Musik

Nach dem Sektempfang zum Auftakt der Festveranstaltung hatte die Ortsvereins-Vorsitzende Martina Wode-Buser alle Gäste begrüßt, im Besonderen die aktuelle politische Prominenz aber auch einige ehemalige Abgeordnete des Landtags, die den Weg nach Lambrecht gefunden haben sowie altgediente Genossinnen und Genossen. Eingebunden in die Begrüßung waren alle anwesenden Kommunalpolitiker aus dem Kreis und den Ortsvereinen. Man könne stolz sein, die sozialdemokratischen Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität über den langen Zeitraum umgesetzt zu haben. Im Rahmen der Aufgabenverteilung sprach Jens Fadenholz, SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, das Schlusswort mit dem Dank an alle Gratulanten und besonders an den Festredner Kevin Kühnert. Bevor Fadenholz verkünden konnte „Das Büffet ist eröffnet“ dankte er zahlreichen Helferinnen vor und hinter der Bühne, die zum Gelingen des Festabends beigetragen haben, einschließlich der Damen, die für das Catering sorgten und die „nicht alle SPD-Mitglieder“ waren. Für die Ortsvereins-Vorsitzende war ein überreichter Präsentkorb die verdiente Anerkennung für die „tolle Organisation“ des Festes.

Für die musikalische Unterhaltung des Abends sorgte die Band Palatones und besonders Liedermacher Uli Valnion, der mit seinen Arbeiterliedern wie „Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘“, „Die Gedanken sind frei“ oder „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“ zum Mitsingen anregte.

Zahlen-Panne schmunzelnd registriert

Der SPD-Ortsverein hatte für eine ansprechende Dekoration der Bühne gesorgt. Optisch bestimmend waren die prägnanten „150“ aus Helium-gefüllten Zahlen-Ballons auf einem Sockel seitlich der Bühne angebracht. Doch kaum war die Feierstunde eröffnet, da löste sich die „5“ der Luftballone, hob ab und verschwand auf Nimmerwiedersehen im Gebälk des Gemeinschaftsthaus-Daches. Die Versammlung bemerkte den „Verlust der 5“ mit einem Lächeln, spontan reagierte Minister Alexander Schweitzer, der daraus auf eine „plötzliche Verjüngung des Ortsvereins auf zehn Jahre“ schloss.