Die Tage werden immer kürzer, die Sonne schläft am Morgen länger in ihren Wolkenbetten und manchmal guckt sie überhaupt nicht aus den Federn. Am Abend kommt die Dämmerung mit sachten Schritten früher und früher. Von einem Augenblick auf den anderen erstrahlen am Abend die Straßen im Glanz der neuen LED-Beleuchtung und die Passanten erleben den allmählichen Wandel nicht, in dem das Dämmern über die Giebel kommt und das Dunkel bringt. Wer aber seinen Arbeitsplatz außerhalb des Tales hat, wer im eigenen Wagen, in Bus oder Bahn am Abend heimfährt, der erlebt die Abenddämmerung noch und hat teil am Abschiednehmen des Tages. Wenn man während der Fahrt aus dem Fenster blickt, sieht man, wie Abendschatten sich auf die Wälder senken, wie aus den Wiesen erste Nebel steigen und hinter den Scheiben ferner Häuser die Lampen angehen. Es ist die Stunde zwischen Wachen und Schlafen, die den Tag so behutsam zur Ruhe bringt wie eine Mutter ihr Kind. Ganz sacht legt diese Dämmerstunde die weiche Schlummerdecke auf Farben, Wiesen und Wälder und streicht mit dem Abendwind darüber hin, wie mit einer sanften Hand. Das erzgebirgische Heimatlied vom „Feierabend“ fängt dies in wenigen Worten stimmungsvoll ein: „… und leise kommt die Nacht!“