Die Macher v.l. Walter Lässig, Forstamtsleiter Thomas Bublitz, Helmuth Weitzel (sitzend), Walter Wolf, Revierleiter Dirk Neumann, Ingrid Haag, Heinrich Kaiser und Albert Kuhn
Esthal. (hk) Esthal besitzt nun gleich zwei Nachbildungen eines Menhirs, der einst im Spitzensteintal rund vier Meter in die Höhe ragte. Wann und von wem dieser Stein aufgestellt wurde und welchem Zweck er diente, liegt im Dunkel der Vergangenheit. Sicher ist jedoch: Beim Bau der Kunststraße von der Sattelmühle nach Esthal fiel der geschichtsträchtige Monolith im Jahr 1873 dem Straßenbau zum Opfer – vermutlich stand er im Weg und wurde für den Straßenuntergrund zerkleinert.
Der Esthaler Georg Kuhn (1861–1944) hat den Stein noch als Kind gesehen – und unfreiwillig gespürt. In seinen Aufzeichnungen, die Ernst Christmann in seinem Büchlein „Menhire und Hinkelsteine“ veröffentlichte, beschreibt Kuhn einen Sonntagsausflug aus seiner Jugend:
„Eines schönen Sonntags, ich mag so sieben Jahre alt gewesen sein, kamen wir Schulbuben überein: Wir gehen auf die Sattelmühle. (…) Auf unserer Wanderung lud uns der altehrwürdige Spitzenstein zu einer beschaulichen Begrüßung ein. Wir stellten uns im Kreis um ihn auf, sahen an ihm hoch und bewunderten den alten, rund vier Meter hohen Monolithen.“
Besonders in Erinnerung blieb ihm der alte Volksbrauch, bei dem ältere Jungen jüngeren Kameraden einredeten, sie könnten im Stein Hühner piepen hören. Als der kleine Georg sein Ohr an den Monolithen legen wollte, versetzten ihm die Großen einen kräftigen Stoß gegen den Kopf – ein derber Streich, der damals jedoch weit verbreitet war.
Als dieser Spaziergang stattfand, führte zwischen Esthal und der Sattelmühle nur ein schmaler Sandweg hindurch. Erst 1873 entstand die heutige Landstraße, als Kunststraße. Dabei wurde der Menhir zerstört – ein Verlust, den selbst Kuhns Vater, damals Tiefbauunternehmer, nicht verhindern konnte. Der „Spitzenstein“ gehörte zu den pfälzischen Hinkelsteinen, jenen rätselhaften Monumenten, die vor Jahrtausenden vermutlich kultischen oder astronomischen Zwecken dienten. Heute erinnert nur noch der Name „Spitzensteiner Tal“ an den einstigen Standort.
Im Rahmen des „Steineprojekts“ der Talschulen wurde 2004 ein Erinnerungsstein für den Esthaler Menhir errichtet – allerdings nicht am historischen Platz. Die damalige Schulleiterin Christel Schneider begründete dies damit, dass die Straßenbaubehörde keine Genehmigung für den Originalstandort erteilt hätte, ein neuer Wanderweg hätte angelegt werden müssen, und der frühere Mühlenteich, an dessen Ufer der Stein einst stand, nicht wiederhergestellt werden konnte.
Der Erinnerungsstein wurde deshalb drei Straßenkurven weiter oberhalb aufgestellt und am 19. Juni 2004 feierlich eingeweiht.
Mehr als zwei Jahrzehnte später entstand erneut der Wunsch, den Spitzenstein an seinem alten Standort zu würdigen. Eine Gruppe „jung gebliebener“ Esthaler – alle über 70 Jahre alt – nahm sich der Aufgabe an, dem einstigen Menhir ein angemessenes Denkmal zu setzen.
Obwohl der exakte frühere Standort aus Sicherheitsgründen nicht genutzt werden durfte, wurde der neue Stein nur etwa 15 Meter bergwärts davon aufgestellt. Alle Beteiligten einte der Wunsch, das Alte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und den Jüngeren ein Stück Heimatgeschichte weiterzugeben.
Der 82-jährige Steinmetz Helmuth Weitzel war die zentrale Kraft hinter dem Projekt. Aus einem Findling aus dem Staatswald bei den Wassersteinen schuf er eine neue Menhir-Nachbildung – sein größtes Werk, wie er selbst sagt.
Unterstützt wurde er von Albert Kuhn, Walter Wolf, Alfred Kuhn, Walter Lässig, Ingrid Haag und Heinrich Kaiser.
Die Firma Feig Transporte aus Neustadt-Lachen-Speyerdorf übernahm den Transport und das Aufstellen. Unverzichtbar für das Gelingen des Vorhabens war die Unterstützung des Forstamts Johanniskreuz mit Forstamtsleiter Thomas Bublitz und Revierleiter Dirk Neumann sowie durch den Landesbetrieb Mobilität.
Der Menhir trägt die Inschrift:
Spitzenstein
Menhir
von Esthal
zerstört 1873
errichtet 2025
Auslöser für das Projekt waren die Aufzeichnungen des Esthalers Georg Kuhn, der den ursprünglichen Spitzenstein als Kind selbst umarmen durfte. Dazu waren 4 Personen nötig. Kuhn wurde später Architekt in Zweibrücken, kehrte aber im Alter in sein Eschdl zurück.
Heinrich Kaiser, der als ausgesprochen kenntnisreich gilt, wenn es um die Geschichte seiner Heimatgemeinde geht und der auch die historischen Unterlagen zu diesem Projekt zusammengetragen hat, hofft, dass der neue Stein seine eingemeißelte Botschaft noch viele Jahrhunderte – vielleicht sogar Jahrtausende – weitertragen kann.