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Talpost Lambrecht
Ausgabe 51/2022
Verbandsgemeinde Lambrecht (Pfalz)
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Volkshochschule vor einem Neustart

Halbjahresprogramme der Volkshochschule Lambrecht für 2023 sind nicht zu erwarten, man will mit gezielten Hinweisen in Presse, mit Flyern und über die Homepage der VG auf Angebote der Erwachsenenbildung im Tal hinweisen.

VHS der Verbandsgemeinde Lambrecht: Nachfolge-Suche für die bisherige Leiterin erfolglos – Wenige Kurs-Angebote im ersten Halbjahr 2023 zu erwarten

(ve) Die Volkshochschule der Verbandsgemeinde Lambrecht – zuvor der Stadt Lambrecht - war in insgesamt rund 70 Jahren und besonders nach der Gründung der Verbandsgemeinde Lambrecht mehr als eine „Erwachsenenbildungseinrichtung“, sie war die fühlbare Klammer zwischen der Verwaltung und den Bürgern und trug wesentlich dazu bei, das vielgepriesene „Talbewusstsein“ zu stärken und zu festigen. Zahleiche Talbewohner hatten engen Kontakt zur Volkshochschule, besuchten ihre Kurse oder nahmen an den Veranstaltungen teil. Die Volkshochschule der Verbandsgemeinde hatte mit „Traudel Füßer“ auch einen Namen, für sie war die Leitung der Volkshochschule eher eine Berufung als ein Beruf. Bis zum Eintritt in das Rentenalter im Jahre 2015 war sie hauptamtliche Leiterin und anschließend erfüllte sie ihre Aufgabe im „Nebenjob“ mit Unterstützung einer Verwaltungsmitarbeiterin.

Doch jetzt im neuen Jahr ist die Zusammenarbeit beendet, die Arbeit der Volkshochschule der Verbandsgemeinde Lambrecht ist ins Stocken geraten,

die Suche nach einer/em ehrenamtlichen Leiter/in sei leider erfolglos verlaufen, sagte Bürgermeister Gernot Kuhn gegenüber der Talpost. Man sei aber guter Dinge, mittelfristig im Jahre 2023 eine neue VHS-Führung zu finden. Inzwischen habe Interimskraft Jessica Fischer aus der Verbandsgemeinde-Verwaltung Kontakt zu bisherigen Referenten aufgenommen und bereits einige Kurse für das erste Halbjahr 2023 zusammengestellt. Nach Absprache mit der Kreisverwaltung sollen die Kurse aus der Verbandsgemeinde Lambrecht auch über die Kreis-Volkshochschule publiziert werden.

Jedenfalls ist die bisherige erfolgreiche Volkshochschularbeit im Tal „schwer gebeutelt“. Neben der aktuell fehlenden Führung musste die Volkshochschule zwei Jahre Pandemie-Beschränkungen erleiden. Gemeinsam lernen, anderen Menschen begegnen, Erfahrungen auszutauschen und neue Erkenntnisse in Gruppen zu entwickeln war nicht möglich. Jetzt könnte mit Jahresbeginn 2023 ein Neuanfang gestartet werden, der wegen der fehlenden Führung leider nicht wie gewünscht erfolgen kann.

Die Anforderungen an eine Leiterin bzw. einen Leiter als „ehrenamtliche Tätigkeit mit Aufwandsentschädigung“ nach der Stellen-Ausschreibung sind hoch angesiedelt, das geforderte Profil sicher nur schwer zu leisten. Es wird gefordert: „Organisationsfähigkeit, Belastbarkeit, Team- und Kooperationsfähigkeit, Flexibilität, Kreativität und Innovationsbereitschaft. Hinzu kommen zuvorkommende kundenorientierte Umgangsformen und ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein bei Kenntnissen der lokalen Gegebenheiten und Beteiligung am gesellschaftlichen Leben“. Die Volkshochschularbeit im Tal ist nach der Ausschreibung folgendermaßen beschrieben: „Bei der Volkshochschule Lambrecht handelt es sich um eine Außenstelle der Kreisvolkshochschule Bad Dürkheim. Der/die Leiter/in ist ehrenamtlich für die Kreisverwaltung Bad Dürkheim tätig“.

Lange Tradition begann vor fast sieben Jahrzehnten

Die Erwachsenenbildung in Lambrecht hat eine lange Tradition, die auf das Jahr 1953 zurückgeht, als Lambrecht Sitz der „Heimvolkshochschule“ wurde mit dem Gebäude an der Franz-Hartmann-Straße (heute Pfalzakademie). Satzungszweck der „Heimvolkshochschule Lambrecht“ war die politische und fachliche Erwachsenen- und Weiterbildung. Parallel dazu entstand damals die stadteigene Einrichtung eines „Volksbildungswerkes“ mit einem reichhaltigen Programm allgemein-bildender und fachlicher Kurse in den Räumen der Heimvolkshochschule und der Grundschule. Träger war die Stadt Lambrecht in Verantwortung der Beigeordneten. Die frühere Stadtbürgermeisterin Erna Merkel förderte ab 1981 die Arbeit des Volksbildungswerkes, das später in Volkshochschule (VHS) umfirmierte. Der Weiterbildung wurde großer Raum gewidmet, es wurden EDV-Kurse, Schreibmaschinenkurse und Sprachkurse angeboten, es fanden erste Studienreisen statt, ebenso Mutter-Kind-Gruppen, Erziehungs- und Psychologiekurse und Gruppenarbeit im Fitness- und Gymnastikbereich, eine Vielfalt, die dem „klassischen VHS-Angebot“ entsprach.

Ab 1991 erlebte die Volkshochschularbeit im Tal besondere Höhepunkte. Verbandsbürgermeister Herbert Bertram, der Erfahrung in der Volkshochschularbeit in sein Amt mitbrachte, gründete die „Volkshochschule der Verbandsgemeinde Lambrecht“. Leiterin wurde Traudel Füßer und ihr oblag es, die mehr oder weniger aktiv agierenden örtlichen Volksbildungswerke zusammenzuführen und ein gemeinsames Programm zu erarbeiten, das allen sieben Gliedgemeinden Rechnung trägt. Sie schuf einen Stamm von über 30 Referentinnen und Referenten und als Folge verfügte die Volkshochschule bis zuletzt über ein großes Stammpublikum. Traudel Füßer schaffte es, auf die Bedürfnisse der Talbewohner einzugehen und offen zu sein für alle Ideen und Wünsche. Gemeinsam besuchte man den ZDF-Fernsehgarten. Für sie war die Volkshochschularbeit ein „Traumjob“, auch wenn sie außerhalb ihrer Arbeitszeit abends oder am Wochenende unterwegs war. Der Job verlange einem viel ab, die spannende Aufgabe bringe aber auch viel im Umgang mit den Menschen, sagte sie einmal.

Treffpunkt für interessierte Bürger – Begegnung für Jung und Alt

Es war Traudel Füßer gelungen, mit attraktiven Veranstaltungen, Theater-, Kabarett- und Ausstellungsfahrten, mit Lesungen, Studienreisen für stete Weiterbildung zu sorgen. Sie hatte in all den Jahren einen kompetenten Referentenstamm aufgebaut, wobei sie auch Ideen und Wünsche der Teilnehmer einbinden konnte und so für stete Attraktivität der Angebote sorgte. Für die Veranstaltungen ging sie auch „vor Ort“, in die Rathäuser ebenso wie in Kirchen oder öffentliche Räume. Dabei fand Traudel Füßer als „Einzelkämpferin“ meist die Unterstützung der Hausmeister.

Sie scheute sich auch nicht, „Serien“ aufzulegen wie monatliche Gesprächskreise zu aktuellen Themen, die Wochenseminare „Unser Wald“, das Standort-Marketing, die Gästeführer-Ausbildung, Fastenwochen im Kloster Esthal, Entspannungs-Seminare, Exkursionen zu Grenzsteinen, Burgen, ein Sandstein-Projekt, gemeinsam wurde den Vogelstimmen gelauscht. Der Laienspielkreis „Die Dalböck“ trat unter den Farben der Volkshochschule auf. Nicht zu vergessen sind die zahlreichen Studienreisen mit entsprechenden Sprachkursen samt Vor- und Nachbereitung.

Die Zukunft der Volkshochschule der Verbandsgemeinde Lambrecht scheint ungewiss zu sein. Corona brachte einen Einschnitt und aktuell ist die Leitung vakant, das Tal verliert eine Institution, die Tal-Themen in die Öffentlichkeit trug, ob kulturell, geschichtlich oder unter wirtschaftlichen Aspekten. Aber vielleicht findet sich doch noch eine Leiterin oder ein Leiter einer Volkshochschule Lambrecht, um an vergangene Erfolge anzuknüpfen.

Frau der ersten Stunde der VHS-Arbeit

Die junge Traudel Füßer (heute 72) hatte bei Hans Mühlhäuser in der damaligen Heimvolkshochschule eine Ausbildung absolviert und dieser ermutigte sie, auf dem zweiten Bildungsweg die Mittlere Reife und die Fachhochschulreife zu erlangen. Sie begann Kurse zu organisieren, die sie ab 1981 als Mitarbeiterin der Stadt Lambrecht weiterführte. Sie bildete sich ständig weiter und erwarb die Qualifikation im Bereich des Volkshochschulmanagements. Der Höhepunkt ihrer Arbeit begann 1991, als unter ihrer Führung die örtlichen Volksbildungswerke in die Volkshochschule der Verbandsgemeinde Lambrecht aufgingen, was kein leichtes Unterfangen war. Sie schaffte es, einem treuen Publikum Serien-Veranstaltungen und neue Angebote zu präsentieren, wodurch alle Interessengruppen sich angesprochen fühlten, kurz die Volkshochschule war zu einer „Institution“ im Tal geworden. Jetzt gilt es, die Arbeit fortzusetzen und nach dem Corona-Einschnitt wieder neu aufzubauen.