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Talpost Lambrecht
Ausgabe 6/2023
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Einen Narren gefressen …

Wenn man sich darüber aufhält, dass jemand in übertragener und lächerlicher Weise für etwas eingenommen ist, dann sagt man oft, er habe daran einen Narren gefressen. Natürlich stellt man sich das heute nur noch bildlich vor, der alten Redensart lag ursprünglich die Meinung zugrunde, dass ein Alberner einen kleinen dämonischen Narren leibhaftig in seinem Innern stecken habe. So hieß es auch einstmals, man hätte einen Narren im Leibe. Diese Auffassung kommt auch in der 1512 veröffentlichte „Narrenbeschwörung“ des Satirikers Thomas Murner zum Ausdruck, der versuchen wollte, „die narren von den lüsten zu bringen“. Von dem Nürnberger Schusterpoeten Hans Sachs kennen wir neben dem Schwank „Der Narrenfresser“ auch das Fasnachtsspiel „Das Narrenschneiden“, worin der Arzt einem Kranken die verschiedenen, als Narren personifizierte Sünden des Geizes, des Neides etc. aus dem Leibe schneidet.

Die heutige Form der Redensart, einen Narren an etwas oder an jemanden gefressen zu haben, hat wohl erst in einer Zeit entstehen können, in der den Menschen der ursprüngliche Sinn der Redewendung nicht mehr geläufig war. Aber eine Narrheit ist und bleibt es dennoch, wenn man seine Gefühle und sein Streben in überspannter und überschwänglicher Form an eine Sache oder eine Person hängt, die jedem natürlichen und vernünftigen Verhalten Hohn spricht. Denn dass es sich hierbei um einen ungesunden Zustand handelt, hat der ehrliche Volksmund ganz klar erkannt …