Die bei Iggelbach abgestürzte McDonnell Douglas RF-4C Phantom mit der Kennung 68-0563 ZR – 19. Juli 1987 – Bitburg Air Base (Deutschland)
Zwei Personen an der Absturzstelle am 18. Februar 1988
Abgerissene Baumwipfel, ein tiefer Krater, brennende Maschinenteile und Äste zeigten den Weg zur Absturzstelle am Bierenberg bei Iggelbach.
Ein Trümmerteil liegt noch nach 35 Jahren an der Absturzstelle
Am 18. Februar 1988 stürzte ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug des Typs McDonnell Douglas RF-4C Phantom II bei Iggelbach ab. Es gehörte dem 26. Taktischen Aufklärungsgeschwader an, welches auf der US Air Base Zweibrücken stationiert war. Von seinem Heimatflughafen startete es am Absturztag um 12:31 Uhr zu einem Übungsflug über dem Pfälzerwald. Nach zehn Minuten machte sich ein Triebwerkdefekt bemerkbar. Diesen meldeten die beiden Piloten Scott N. Kohler und Charles D. Finney dem Tower der Zweibrücken Air Base. Ungefähr drei Kilometer vor Iggelbach sprengten sie die Cockpithaube ab und betätigten ihre Schleudersitze. Das Flugzeug flog führerlos eine weite Linkskurve, vorbei an der Hornesselwiese. Um 12:46 Uhr kündete ein lauter Knall vom Aufprall des Flugzeugs.
Durch die Explosion fingen umliegende Bäume Feuer, weshalb ein 50-60 Meter hoher Rauchpilz aufstieg. Die Absturzstelle glich dem reinsten Chaos. Überall lagen umgestürzte Bäume und Metallteile. Inmitten dieser befand sich ein zehn bis zwölf Meter langer und fünf Meter tiefer Krater. Der einzige Teil des Aufklärers, welcher erhalten blieb, war das Leitwerk. Zehn Minuten nach dem Aufschlag wurden beide Piloten unverletzt nahe der Hofruine Geißkopferhof von Suchhubschraubern aufgefunden.
Wenige Stunden nach dem Unglück erklärte die United States Army die Absturzstelle als Militärisches Sperrgebiet, in welchem sich keine deutschen Einsatzkräfte befinden durften. Es galt zwei Probleme zu beseitigen: Zum einen mussten die amerikanischen Streitkräfte mehrere hundert Liter Kerosin aus einem unzerstörten Zusatztank abpumpen und einen Erdaustausch durchführen, weil ungefähr 2.000 Liter Flugzeugtreibstoff ins Erdreich liefen. Außerdem suchten sie nach aufschlussreichen Wrackteilen, wie z. B. dem Flugschreiber, welchen sie schließlich fanden. Nach etwas mehr als sechs Wochen war der Erdaustausch durchgeführt und das Areal konnte mit Fichten neubepflanzt werden.
Im November 2020 suchte der geschichtsinteressierte Schüler Alexander Winkelmann aus Elmstein mit Uwe Benkel, dem Leiter der sog. „Arbeitsgruppe Vermisstenforschung“, nach der Absturzstelle im Wald bei Iggelbach. Nach zweitägiger Suche wurden sie, dank dem Iggelbacher Zeitzeugen Roland Flockerzi und seiner Frau, fündig. Winkelmann barg dort mehrere hundert Trümmerteile der „Phantom“. Etwas mehr als 80 davon möchte er im Mai 2023 in einer Sonderausstellung mit dem Titel „Knapp an der Katastrophe vorbei“ präsentieren. Diese wird im Museum Alte Samenklenge in Elmstein stattfinden. Die Vorbereitungen hierfür sind in vollem Gange.
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Im Bericht der Talpost aus dem Jahre 1988 wurde an Hand der Aufzeichnungen berichtet, dass nach dem Notausstieg der Piloten die Phantom ihren Kurs änderte und eine weite Linkskurve an der Hornesselwiese vorbei, beschrieb. Der Flug schien ziellos in Richtung Iggelbach zu führen, doch die Phantom schlug glücklicherweise bei dem 474 Meter hohen Bierenberg ein. Keine 40 Meter höher und das beschädigte und wahrscheinlich orientierungslose Flugzeug hätte seine vernichtende Tanklast Kerosin ins 1200 Einwohner zählende Iggelbach getragen.
Forstwirt Wilfried Fuchs, der zusammen mit zwei Kollegen 200 Meter unterhalb der Absturzstelle arbeitete, berichtete als Augenzeuge: „Vor dem Aufschlag legte sich die Maschine schräg, sie hat nur verhältnismäßig wenige Bäume abrasiert, keine mit den Tragflächen“. Fast senkrecht in Schräglage krachte die Phantom in den Berghang. Zu sehen war der Feuerpilz, zu hören die Explosion und zu spüren die Druckwelle, Metallteile flogen durch die Luft. Beißende, stechende Dämpfe ließen den Atem stocken. Ein Trichter im Waldboden, schwarze Erde, alles im Umkreis von zehn Metern verglühte.
Im 1000 Meter entfernten Iggelbach kündete ein dumpfer Schlag von dem Unglück. Die Polizei in Neustadt wurde verständigt, diese wiederum alarmierte die Kreisverwaltung, der Sicherheitsplan wurde in Gang gesetzt mit Rettungsdienst, Feuerwehren und Kripo. Eine Stunde nach dem Absturz leiteten bereits die Sicherheitsexperten und die Army aus Zweibrücken die Absperrung der Absturzstelle ein. Feldjäger aus Darmstadt und Bundeswehrsoldaten aus Bad Bergzabern bewachten das Sperrgebiet. Die Army setzte dem Kompetenzgerangel ein Ende, von nun an waren deutsche Rettungskräfte nur noch geduldete Gäste im abgegrenzten Gelände.
Da die Piloten überlebt haben, scheidet ein Flugfehler als Absturzursache aus. Hätte der Flugzeugführer bei einem riskanten Manöver in 800 Metern die Kontrolle verloren, wäre die Phantom innerhalb weniger Sekunden abgetrudelt und aufgeschlagen. Ein erfolgreicher Notausstieg erforderte Horizontalflug und genügend Aktionszeit. Die beiden Offiziere waren mit mehreren hundert Flugstunden mit dem System vertraut.
Nach dem Schadenseintritt der unbewaffneten Phantom hätte der Aufklärer bei einer Geschwindigkeit von 650 km/h in drei Minuten den nächstgelegenen Militärflugplatz Ramstein anfliegen können. Doch wahrscheinlich sorgte der Triebwerksdefekt für einen plötzlichen Leistungsabfall, sodass das Flugzeug unweigerlich an Höhe verlor, bei Schubausfall begann der Sinkflug. Es gab keinen Zweifel, man musste das damals 25 Millionen teure Waffensystem opfern. Jetzt galt es Menschenleben zu retten, eine Katastrophe zu verhindern. Jede Sekunde glich nun einem 150 Meter großen Schritt in Richtung Nordwesten. Es war anzunehmen, dass der Bordcomputer unter Berücksichtigung der Flugdaten und der Geländestruktur in Windeseile die günstigste Absturzstelle auswählte.
Der damalige Elmsteiner Bürgermeister Walter Moser nahm den Flugzeugabsturz nahe Iggelbach zum Anlass, um nach einer einberufenen Bürgerversammlung einen Brief an den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl zu schreiben: „Zu der enormen Belästigung durch den Fluglärm kommt nun nach dem Absturz der Phantom auch noch die Gefahr für Leib und Leben der Bevölkerung hinzu, denn bei riskanten Tiefflügen knapp über den Bäumen und Häusern werden weitere Abstürze nicht ausbleiben, wenn sich nichts ändert.“
Von den zugesagten Erleichterungen wie Einhaltung der Mindesthöhe von 300 Metern und Unterbrechung der Übungsflüge in der Mittagszeit sei nichts zu merken. Die Lebensqualität der Bevölkerung und der Wohn- und Erholungswert der Landschaft sei durch den massierten militärischen Flugbetrieb in erheblichem Maße beeinträchtigt, worunter auch der Fremdenverkehr leide. „Wir leben hier sozusagen mitten in bzw. unter dem Truppenübungsplatz der Nato-Luftstreitkräfte und sind den damit verbundenen Belästigungen und Gefahren ständig ausgesetzt“.
Die Antwort des Bundeskanzlers kam prompt, doch war daraus zu lesen, dass militärische Übungsflüge zur Erhaltung der für die Sicherung von Frieden und Freiheit notwendigen Verteidigungsfähigkeit, unverzichtbar seien. Es werde versucht, das Tiefflugaufkommen über dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verringern. Lösung soll der Unterausschuss „Militärischer Fluglärm / Truppenübungsplätze“ des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages erarbeiten.