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Kreis-Nachrichten - Mitteilungen des Landkreises Südwestpfalz
Ausgabe 11/2025
Kreisnachrichten
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Ortskerne lebendig halten

Neu bauen, alte Gebäude renovieren oder umnutzen – das ist das Ziel der Innenentwicklung im Landkreis Südwestpfalz

Landkreis appelliert zu Innenentwicklung – Neue Lotsin bietet Unterstützung

Die Dörfer in der Südwestpfalz attraktiv und lebendig halten – das ist eines der Ziele im Prozess der Kreisentwicklung. Dabei sollen künftig die Ortskerne mehr in den Fokus rücken. Vor diesem Hintergrund fand in diesen Tagen eine Info-Veranstaltung für die Bürgermeister im Kreis zum Thema „Innenentwicklung“ statt. Dabei stellte sich auch die neue Innenentwicklungslotsin des Kreises, Michelle Christiner, vor.

Christiner, studierte Innenarchitektin und vor ihrer Tätigkeit beim Kreis in einem Architekturbüro mit Umbau, Anbau und Inwertsetzung von Immobilien beschäftigt, betonte in ihrem einführenden Vortrag: „Das Herz und Gesicht unserer Dörfer sind lebendige und attraktive Ortsmitten.“ Sie skizzierte dabei kurz den Ist-Zustand in vielen Dörfern: Während in den Ortskernen alte, oft ortsbildprägende Gebäude un- oder untergenutzt sind oder viele Baulücken nicht geschlossen werden, wachsen die Randbereiche durch immer neue Baugebiete. Christiner warnte vor einem „Donut-Effekt“ der Dörfer mit einer „leeren Mitte“ (ein Donut ist ein ringförmiges amerikanisches Gebäck) und warb dafür, aus Dörfern sinnbildlich Krapfen zu machen – „mit dem Besten in der Mitte“.

Mut und Beharrlichkeit gefordert

Dabei bedarf es von Seiten der vor Ort politisch Verantwortlichen Mut und Beharrlichkeit, sich mit den in der Regel in Privatbesitz befindlichen Liegenschaften auseinanderzusetzen und gemeinsam mit den Eigentümern nach neuen Lösungen zu suchen – angepasst an den vor Ort herrschenden Bedarf. Kleinere Wohnformen zur Nachverdichtung seien hier ebenso denkbar wie spezielle Wohneinheiten für ältere oder jüngere Dorfbewohner, eventuell verbunden mit Dienstleistungen oder nicht störendem Gewerbe. Die Innenentwicklungslotsin sicherte dabei ihre Unterstützung bei der Ideenentwicklung und der Suche nach geeigneten Förderprogrammen zu – sowohl für die Gemeinden als auch für private Bauherren.

Frühere Nutzungen oft nicht mehr möglich

Alexander Welle, Leiter des Referats 62 (Landesplanung, Kreisentwicklung, Breitbandausbau) bei der Kreisverwaltung Südwestpfalz, beleuchtete das Thema Innenentwicklung aus planungsrechtlicher Sicht. Vielfach gibt es für Ortskerne überhaupt keine oder nur sehr alte Bebauungspläne, die kaum noch der aktuellen Rechtslage entsprächen. In solchen Bereichen werde dann die Frage nach der Zulässigkeit eines Bauvorhabens nach dem Grundsatz entschieden, ob dieses sich in die Umgebung einfügt und zu den aktuellen (und nicht eventuellen früheren) Nutzungen passt.

Er verdeutlichte dies an einem Beispiel: Waren früher die Dörfer durch Landwirtschaft und Viehhaltung in kleinerem Stil geprägt, so ist diese in den letzten Jahren fast komplett aus den Dörfern verschwunden – ebenso wie kleinere Gewerbebetriebe. Zurück blieb fast ausschließlich die Wohnnutzung. Und somit seien neue Nutzungen auch nach dem Maßstab eines Wohngebiets zu bewerten. Damit sei zum Beispiel Pferdehaltung im Dorf nicht mehr möglich – selbst wenn dies früher jahrzehntelang möglich und üblich war und vielleicht sogar noch die passenden Stallungen vorhanden sind.

Gebietstyp „Dörfliches Wohgebiet“

Welle warb bei den anwesenden Ortsbürgermeistern, diese (bereits bebauten) Flächen mit einem Bebauungsplan, einem so genannten Bebauungsplan der Innenentwicklung, zu überplanen. Ideal sei dabei der Gebietstyp eines „dörflichen Wohngebiets“, der – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – bereits vor vier Jahren in die Baunutzungsverordnung aufgenommen wurde und die in den Dörfern der Südwestpfalz üblicherweise gewünschte Nutzungsmischung sehr gut ermöglicht. Damit, so Welle, könne die Gemeinde aktiv Zukunftsplanung betreiben – und Enttäuschungen und Ärger vermeiden, wenn neue Projekte daran scheitern, dass eine Nutzung nicht genehmigungsfähig ist.

Instrumente der Innenentwicklung

In einem dritten Vortrag stellte Hugo Kern vom Büro Kernplan (Illingen), das sich seit vielen Jahren auch auf Planungsfragen rund um das Thema Innenentwicklung spezialisiert hat, wichtige Planungsinstrumente der Innenentwicklung vor. Diese bietet Kommunen konkrete Hilfestellungen, um Leerstände zu erfassen, Anreize für Sanierungen zu schaffen und Bürger gezielt zu aktivieren.

Neben dem bereits von seinem Vorredner genannten Bebauungsplan der Innenentwicklung sah Kern auch in der Ausweisung eines einfachen Sanierungsgebiets ein bewährtes Mittel, um Umbaumaßnahmen im Ortskern zu fördern. Hauseigentümer oder -käufer profitieren dabei von der Möglichkeit, Umbau- und Renovierungskosten bis zu 100 Prozent steuerlich geltend machen zu können. Für markante Einzelobjekte lohne es sich auch, von Seiten der Gemeinde aktiv bei der Vermarktung zu unterstützen – etwa durch die Zusammenstellung der wesentlichen Gebäudefakten (und eventueller Nutzungsausschlüsse, wenn diese von der Gemeinde gewünscht sind) in einer ansprechenden Broschüre, die im Rahmen einer Interessenbekundung an potentielle Investoren verschickt wird. Denkbar sei auch die Gründung eines kommunalen Grundstücksfonds, um flexibler am Immobilienmarkt agieren zu können. Von guten Erfahrungen berichtete der Planer auch, wenn manche Gemeinden Abrissprämien zur Beseitigung von Schrottimmobilien ausgelobt hatten.

Bei Grundsteuer C eher abwarten

Ob auch die seit diesem Jahr mögliche Einführung der Grundsteuer C für baureife, aber nicht bebaute Grundstücke positiv auf die Vermarktung von Baulücken auswirkt, vermochte der Planer zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu sagen. Hier riet er dazu, abzuwarten, ob in den Gemeinden, die diese Steuer bereits eingeführt haben, der höhere Hebesatz tatsächlich dazu führt, dass solche Baugrundstücke verstärkt zum Kauf angeboten werden.

Innenentwicklungslotsin

Michelle Christiner

Telefon 06331 809-726

E-Mail m.christiner@lksuedwestpfalz.de